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Neudenken:
Johannes bei den Menschen
Als Johannes herangewachsen war, ging er oft in den Tempel, um zu beten. Er verweilte manchmal noch länger dort und schaute die Menschen an, die ein- und ausgingen. Da war ein Mann, der erzählte den Menschen böse Geschichten und machte ihnen Angst vor Gott. Johannes sah aus seinem Munde Frösche und Kröten herausspringen, und er dachte: »Was dieser Mann sagt, kann nicht die Wahrheit sein.« Er sah einen anderen, der war sehr stolz und eingebildet und betete: »Gott, ich danke dir, daß ich so ein guter Mensch bin und nicht so schlecht wie die anderen Menschen.« Bei diesem Mann sah Johannes ein schleimiges Tier, das immerfort seine Farbe wechselte und an den Beinen des Mannes hochkroch. Dann kam ein dritter. Der stellte sich in den hintersten Winkel des Tempels und betete: »Gott, bitte verzeih mir alles Unrecht, was ich getan habe.« Johannes sah über dem Haupt dieses Mannes einen Stern leuchten. Zuletzt kam ein altes Mütterchen herein. Das legte sein letztes Geldstück in die Opferschale am Tor. Johannes schaute, wie von ihr Strahlen ausgingen, wie von einer Sonne. So sah er die Menschen nicht mit irdischen, sondern mit himmlischen Augen.[a]
Wenn Johannes ganz allein war, konnte er auch die Stimme Gottes hören, wie sie durch die Sterne zu ihm sprach.[b] Er ging in die bergige Wüste hinaus, suchte sich dort eine Höhle, in der er schlafen konnte, ernährte sich von Früchten und wildem Honig, machte sich ein Gewand aus Kamelhaar, lebte lange allein und lernte immer besser, die Sternensprache zu hören. Eines Nachts, als er in der Höhle schlief, wurde er aufgeweckt von einem wunderbaren dreifachen Ton. Er lauschte und erkannte, daß es die drei Sterne waren, durch die Gott ihn rufen ließ »I-O-A-«.[c] »Hier bin ich«,[d] rief Johannes. Dann hörte er durch viele Sterne die Stimme Gottes sprechen: »Du siehst mit den himmlischen Augen. Du hörst die Sprache der Sterne. Nun sollst du meine Taten tun und meinem Sohn den Weg bereiten in die Erdenwelt.[e] Gehe hinunter zum Jordanfluß und taufe dort die Menschen, die zu dir kommen. Laß sie im Wasser untertauchen, damit sie rein werden an Leib und Seele. Dann werden sie auch lernen, mit himmlischen Augen zu sehen, die Sprache der Sterne zu hören und meinen Willen zu tun.«
Am nächsten Morgen ging Johannes zum Jordan. Da kamen die Menschen vorbei, die zu ihrer Arbeit gingen. Sie erblickten Johannes, blieben stehen und schauten ihn an. Es schien ihnen, daß seine Augen ein geheimes Feuer in sich trügen. Sie fragten ihn: »Wer bist du?« Und er sprach: »Ich bin der Rufer Gottes in der Wüste. Wenn ihr meiner Stimme lauscht, werdet ihr lernen, die Sprache der Sterne zu verstehen, die euch sagen, daß Gottes Sohn ganz nahe ist und daß ihr euch ändern müßt. Sonst könnt ihr ihn nicht erkennen.« »Wir wollen uns ändern. Hilf uns dazu«, baten sie ihn. Da erzählte ihnen Johannes, wie er gesehen habe, daß aus dem Munde der Menschen Frösche und Kröten kommen, wenn sie lügen, und wie die Menschen leuchten, wenn sie Gutes tun. Alles sagte er ihnen, was er mit den himmlischen Augen schaute. Dann tauchte Johannes sie ins Wasser unter, und als sie wieder emporkamen, erkannte jeder sich selbst, so wie er wirklich war, schämte sich und wollte nun alles anders machen als bisher. So wie eine Frau das Haus von oben bis unten aufräumt, wenn sie einen werten Gast erwartet, so brachten die Menschen ihre Seele in Ordnung, damit der Gottessohn zu ihnen kommen kann.
Immer mehr Menschen kamen zu Johannes und ließen sich taufen. Nur zwei kamen nicht. Das war der böse König Herodes und seine Frau Herodias.
Irene Johanson
aus «Geschichten zu den Jahresfesten»; S.43ff
Unsere Anmerkungen
a] vgl. Mbl-B.33a
b] vgl. Mbl-B.33b
c] vgl. Ephesus und JOA
d] vgl. Gen.22,1
e] vgl. »TzN Jun.2013«
https://wfgw.diemorgengab.at/tzn201706.htm