zum IMPRESSUM
Vortragssammlung
Teil 1
Vortrag von Rudolf STEINER
gehalten in Berlin, am 1.Apr.1913 ♂
1 Wir haben uns vorgenommen, von gewissen Gesichtspunkten aus das Leben zwischen dem Tode und der neuen Geburt zu betrachten, und wir haben im Verlaufe dieser Wintervorträge versucht, mancherlei über dieses Leben darzustellen, haben dabei wichtige Ergänzungen anführen können für die allgemeineren Gesichtspunkte, welche in meiner «Theosophie» und auch in der «Geheimwissenschaft im Umriß» mitgeteilt worden sind. Heute soll nun ein Gesichtspunkt vor allen Dingen uns beschäftigen, welcher sich aus der Frage ergibt: Wie steht denn das, was zum Beispiel in der «Theosophie» für das Leben zwischen Tod und neuer Geburt angeführt ist, im Verhältnisse zu dem, was im Laufe dieser Wintervorträge hier gesagt worden ist?
2 Wir erinnern uns dabei, wie in der «Theosophie» der Durchgang der Seele, nachdem die Pforte des Todes durchschritten ist, zunächst dargestellt worden ist durch das Seelengebiet. Und wir wissen, daß dieses Seelengebiet gegliedert worden ist in eine Region der «Begierdenglut», in eine solche der «fließenden Reizbarkeit», in eine der «Wünsche», in eine Region von «Lust und Unlust», dann in die höheren Regionen des «Seelenlichtes», der «tätigen Seelenkraft» und des «eigentlichen Seelenlebens». Das wurde als das Seelengebiet, als die Seelenwelt geschildert, und es ist ja bekannt, daß die Seele nach dem Tode diese Gebiete zu durchschreiten hat, die Sie dann in einer gewissen Beziehung in meiner «Theosophie» geschildert finden. Danach durchschreitet die Seele weiter dasjenige, was man als das Geisterland zu bezeichnen hat, und es ist in meiner «Theosophie» auch dieses Geisterland in den aufeinanderfolgenden Regionen geschildert worden, deren Bezeichnungen mit Anlehnung an gewisse irdische Bilder gegeben worden sind: das kontinentale Gebiet des Geisterlandes, dann das sozusagen ozeanische Gebiet des Geisterlandes und so weiter.
3 Nun wurde hier im Verlaufe des Winters geschildert, wie die Seele, wenn sie durch die Pforte des Todes schreitet, den physischen Leib und dann auch den ätherischen Leib ablegt, wie sie sich vergrößert, immer größer und größer wird. Dann wurde auseinandergesetzt, wie diese Seele Regionen durchlebt, welche - aus gewissen Gründen, von denen ja gesprochen worden ist - bezeichnet werden dürfen zuerst mit der Region des Mondes, dann des Merkur, der Venus, der Sonne, des Mars, des Jupiter, des Saturn, dann des eigentlichen Sternenhimmels; wie die Seele, beziehungsweise des Menschen eigentliche geistige Individualität, sich fortdauernd vergrößert und diese Regionen, die ja immer größere Weltengebiete umschließen, durchlebt; wie dann die Seele wieder beginnt sich zusammenzuziehen, immer kleiner und kleiner wird, um sich dann zuletzt mit dem Keime zu verbinden, der aus der Vererbungsströmung der Seele zufließt. Und durch diese Verbindung des durch die Vererbung der Seele zufließenden Menschenkeimes mit dem, was aus dem großen, makrokosmischen Weltengebiete hereingenommen wird, entsteht ja das, was der Mensch des irdischen Zeitenlaufes ist, das, was das Leben zwischen der Geburt und dem Tode zu durchleben hat.
4 Nun ist in der Tat beide Male, sowohl in meiner «Theosophie» wie auch in den Darstellungen, die hier gegeben worden sind, im Grunde genommen dasselbe gegeben. Darauf wurde aufmerksam gemacht. Aber das eine Mal ist sozusagen mehr von innen geschildert. In meiner «Theosophie» finden Sie die Schilderung in gewissen Bildern gegeben, welche mehr mit Anlehnung an innere Seelenverhältnisse gegeben sind. In den Schilderungen, welche hier in diesem Winter gemacht worden sind, wurde mit Anlehnung an die großen kosmischen Verhältnisse die Schilderung gegeben durch Anknüpfung an die Planetennamen. Nun handelt es sich darum, daß wir die beiden Schilderungen miteinander in Einklang bringen können.
5 Es ist schon gesagt worden, daß die Menschenseele in der ersten Zeit, nachdem sie die Pforte des Todes durchschritten hat, sozusagen im wesentlichen darauf angewiesen ist, in einer gewissen Art auf das zurückzuschauen, was sie auf der Erde erleben kann. Ein völliges Leben noch mit den Erdenverhältnissen stellt ja die Kamalokazeit, wie man sie auch nennt, dar. Diese Kamalokazeit ist eigentlich im Grunde genommen eine Zeit, in der die Seele sich berufen fühlen muß, sich nach und nach alles abzugewöhnen, was noch in ihr lebt an unmittelbaren Zusammenhängen mit der letzten Erdenverkörperung. Bedenken wir doch, daß der Mensch hier im physischen Leibe Seelenerlebnisse hat, die mehr oder weniger ganz von seinem Leibesleben abhängen. Bedenken wir einmal, ein wie großer Teil der Seelenerlebnisse ganz und gar von den Sinneseindrücken abhängig ist. Denken Sie alles fort, was Ihnen die Sinneseindrücke in die Seele hereinbringen, und versuchen Sie sich darüber klarzuwerden, wieviel dann noch in dieser Seele bleibt, wenn Sie alles weggeschafft haben, was Ihnen die Sinneseindrücke gegeben haben, dann bekommen Sie ein Bild von einem sehr schwachen Seeleninhalt! Und dennoch, durch eine letzte Überlegung werden Sie sich sagen können: Alles, was die Sinne gegeben haben, hört ja auf, wenn die Seele durch die Pforte des Todes schreitet; und was ihr dann bleiben kann - es ist das ganz natürlich -, das ist nicht mehr die Lebendigkeit eines Sinneseindruckes, sondern nur das, was an Erinnerungen aus den Sinneseindrücken sich ergibt. - Wenn Sie also daran denken, wieviel von den Sinneseindrücken in Ihrer Seele lebt, dann werden Sie sich auch leicht davon eine Vorstellung machen können, was von einem großen Teil des Seelenlebens nach dem Tode von den Sinneseindrücken bleibt. Ich will sagen, wenn Sie sich an bestimmte Sinneseindrücke von gestern erinnern - nehmen wir das nur als ein Beispiel dafür, wo die Sinneseindrücke noch verhältnismäßig lebendig sind -, wenn Sie daran denken, wie verblaßt die Sinneseindrücke sind, welche Sie gestern erlebt haben, wenn Sie sich wieder vor die Seele rufen wollen den lebendigen Eindruck, der sich vor Ihnen abgespielt hat: so blaß also - als Erinnerung - bleibt noch der Seele das, was die Sinneseindrücke übermittelt haben. Daraus ersehen Sie, daß im Grunde genommen das ganze Leben in der Sinneswelt eigentlich für die Seele vorhanden ist als spezifisch-irdisches Erlebnis. - Mit dem Wegfall der Sinnesorgane, der ja eintritt, wenn der Mensch durch die Pforte des Todes schreitet, fällt auch alle Bedeutung der Sinneseindrücke hinweg. Weil aber der Mensch an den Sinneseindrücken hängenbleibt, weil er noch die Begierde an die Sinneseindrücke behält, deshalb macht er im Leben nach dem Tode zunächst die Region der Begierdenglut durch. Er möchte eine lange Zeit noch Sinneseindrücke haben, aber er kann sie doch nicht haben, da er die Sinnesorgane abgelegt hat. Das Leben, welches in der Sehnsucht nach Sinneseindrücken und in dem Nichthabenkönnen der Sinneseindrücke verfließt, das ist das Leben in der Region der Begierdenglut. Es brennt in der Tat dieses Leben im Innern der Seele. Es ist dieses Leben ein Teil des eigentlichen Kamalokalebens, wenn die Seele sich sehnt, Sinneseindrücke zu haben, woran sie sich hier auf der Erde gewöhnt hat, und - weil die Sinnesorgane abgelegt sind - solche Sinneseindrücke nicht bekommen kann.
6 Eine zweite Region des Kamalokalebens ist die des fließenden Reizes. Diese Region durchlebt die Seele so, daß sie sich zwar, wenn sie diese Region rein durchlebt, schon abgewöhnt hat, nach Sinneseindrücken zu begehren, aber noch durchaus Begierden hat nach Gedanken, nach solchen Gedanken, die im irdischen Leben durch das Instrument des Gehirns gewonnen werden. In der Region der Begierdenglut macht die Seele das durch, wodurch sie sich nach und nach sagt: Es ist ein Unding, ein Unsinn, Sinneseindrücke haben zu wollen in einer Welt, für welche die Sinnesorgane abgelegt sind, in der kein Wesen Sinnesorgane haben kann, die nur aus den Substanzen der Erde heraus gebildet sind. - Aber die Seele kann lange diese Sehnsucht nach Sinneseindrücken abgelegt haben, so hat sie doch noch immer die Sehnsucht, so denken zu können, wie man auf der Erde denkt. Dieses irdische Denken wird abgewöhnt in der Region der fließenden Reizbarkeit. Da erlebt der Mensch allmählich, wie Gedanken, so wie sie auf der Erde gefaßt werden, im Grunde genommen auch nur im Leben zwischen Geburt und Tod eine Bedeutung haben.
7 Dann erlebt der Mensch, wenn er sich abgewöhnt hat Gedanken zu hegen, die auf das physische Instrument des Gehirnes angewiesen sind, noch immer einen gewissen Zusammenhang mit der Erde in den Formen desjenigen, was in seinen Wünschen enthalten ist. Bedenken Sie nur, daß Wünsche eigentlich etwas sind, was intimer mit der Seele verbunden ist als, man möchte sagen, die Gedankenwelt. Wünsche haben bei jedem Menschen eine bestimmte Färbung. Und während man andere Gedanken hat in der Jugend, andere im mittleren Teile des Lebensalters, andere im Alter, so erkennt man leicht, wie eine gewisse Form des Wünschens sich durch das ganze menschliche Erdenleben zieht. Diese Form, diese Nuancierung des Wünschens wird erst später abgelegt in der Region der Wünsche. Und dann zu allerletzt wird in der Region von Lust und Unlust die Sehnsucht abgelegt, überhaupt mit einem physischen Erdenleibe, mit diesem physischen Erdenleibe zusammenzuleben, mit dem man in der letzten Verkörperung zusammen war. Während man diese Regionen durchmacht, der Begierdenglut, der fließenden Reizbarkeit, der Wünsche und derjenigen von Lust und Unlust, ist immer noch eine gewisse Sehnsucht nach dem letzten Erdenleben vorhanden. Zuerst sozusagen in der Region der Begierdenglut. Da sehnt sich die Seele noch immer danach, durch Augen sehen zu können, durch Ohren hören zu können, obwohl sie Augen und Ohren nicht mehr haben kann. Wenn sie sich endlich abgewöhnt hat, solche Eindrücke von Augen, Ohren und so weiter haben zu können, dann sehnt sie sich noch danach, durch ein Gehirn denken zu können, wie sie es auf der Erde hatte. Hat sie sich endlich dies abgewöhnt, so sehnt sie sich noch danach, mit einem solchen Herzen wünschen zu können, wie man es auf der Erde hatte. Und zuletzt sehnt sich der Mensch nicht mehr nach Sinneseindrücken, nicht mehr nach den Gedanken seines Kopfes und nicht nach den Wünschen seines Herzens, aber noch nach seiner letzten Erdenverkörperung im ganzen und großen. Von dieser Sehnsucht trennt sich der Mensch dann auch allmählich.
8 Dies alles, was in diesen Regionen durchzumachen ist, wird genau zusammenfallen mit dem Durchgehen der sich vergrößernden Seele bis zu jener Region, die wir die Merkur-Sphäre genannt haben, also das Sich-Hinausdehnen der Seele durch die Mond-Sphäre bis zur Merkur-Sphäre hin. Wenn es aber gegen diese Merkur-Sphäre zugeht, dann tritt an die Seele das heran, was in meiner «Theosophie» geschildert ist als eine Art geistiger Region des Seelengebietes, der Seelenwelt. Versuchen Sie noch einmal diese Schilderung des Seelengebietes und des Durchganges der Seele durch dieses Seelengebiet daraufhin durchzulesen; dann werden Sie dort aus den Eigenschaften dessen, was die Seele erlebt, sehen, wie sozusagen das, was man gewöhnlich das Unangenehme des Kamaloka nennt, schon in der Region des Seelenlichtes aufhört - auch nach der Beschreibung in der «Theosophie». Diese Region des Seelenlichtes fallt nun mit der Merkur-Sphäre zusammen; und von dem, was über die Merkur-Sphäre gesagt worden ist, können Sie alles auch auf das anwenden, was in der «Theosophie» als die Region des Seelenlichtes geschildert ist. Vergleichen Sie unbefangen, was von dem Leben der Seele geschildert wurde, wenn sie sich bis zur Merkur-Sphäre hin vergrößert hat, mit demjenigen, was in der «Theosophie» über die Region des Seelenlichtes enthalten ist, und Sie werden sehen, wie das eine Mal versucht wurde, von den inneren Seelenerlebnissen aus zu schildern, das andere Mal von den großen makrokosmischen Verhältnissen aus, durch welche die Seele dann durchgeht, wenn sie jene inneren Erlebnisse hat.
9 Gehen Sie dann weiter und versuchen Sie in der «Theosophie» zu lesen, was über die tätige Seelenkraft gesagt ist, so werden Sie begreifen, daß durch die inneren Erlebnisse in der Region der tätigen Seelenkraft das eintreten muß, was hier angeführt wurde als maßgebend beim Durchgang durch die Venus-Sphäre. Dabei ist auseinandergesetzt worden, daß die Seele im Erdenleben in einer gewissen Weise religiöse Impulse entwickelt haben muß. Damit sie durch diese Venus-Sphäre richtig durchgehen kann, damit sie dort nicht einsam bleiben muß, sondern ein geselliges Leben entwickeln kann, muß sie jene Eigenschaften haben, die hier geschildert worden sind, muß sie von gewissen religiösen Begriffen durchseelt sein. Vergleichen Sie, was darüber gesagt wurde, mit der Beschreibung der Region der tätigen Seelenkraft in der «Theosophie», so werden Sie die Zusammenstimmung darin finden, daß das eine Mal von innen, das andere Mal von außen diese Verhältnisse dargestellt worden sind.
10 Was als die höchste, als die seelischeste Region der Seelenwelt geschildert worden ist, die Region des eigentlichen Seelenlebens, das wird durchlebt, wenn die Seele durchgeht durch die Region des Sonnenlebens. So daß man auch sagen kann: Etwas bis über die Mond-Sphäre hinaus, wie schon erwähnt ist, dauert die eigentliche Kamaloka-Sphäre; dann beginnen die lichteren Regionen der Seelenwelt, bis zur Sonne hin. Was die Seele an der Sonne erlebt, ist eben gerade die Region des Seelenlebens. Seelisches Erleben ist das Charakteristische in der Zeit nach dem Tode bis zu der Epoche hin, wo die Seele durch die Sonnenregion durchgeht. Wir wissen auch, daß die Seele in dieser Sonnenregion dann ihre besonders genaue Bekanntschaft macht mit dem Lichtgeist, der ihr auf der Erde zum Versucher, zum Verderber geworden ist: mit Luzifer. Und wir wissen, daß sie, wenn sie in ihre Vergrößerung hinausgeht in die Weltenräume, immer mehr und mehr denjenigen Kräften sich nähert, welche sie befähigen, nunmehr das zu entwickeln, was sie für die nächste Erdenverkörperung braucht. - Wenn die Seele durch die Sonnenregion durchgeht, durch die Region des Sonnenlebens, dann ist sie erst mit der letzten Erdeninkarnation fertig geworden. Bis zur Region von Lust und Unlust, also bis dahin, wo die Seele gleichsam zwischen dem Mond und Merkur sich befindet, ist sie noch innig mit Sehnsucht nach ihrem letzten Erdenleben behaftet; doch auch in der Region des Merkur, der Venus, der Sonne ist die Seele noch nicht völlig frei von der letzten Erdeninkarnation. Aber sie hat da mit sich fertig zu werden in bezug auf das, was über das bloß persönliche Erleben hinausgeht; hat fertig zu werden in der Merkurregion mit dem, was sich in ihr entwickelt hat oder nicht entwickelt hat an sittlichen Begriffen, hat in der Venusregion fertig zu werden mit dem, was sich an religiösen Begriffen in ihr entwickelt hat, und in der Sonnenregion mit dem, was sich in ihr entwickelt hat an Erfassung von Allgemein-Menschlichem, das nicht eingeschnürt ist in ein religiöses Bekenntnis, sondern das dem religiösen Leben entspricht, welches der ganzen Menschheit taugt. So sind es die höheren Interessen, die noch in der weiteren Entwickelung der Menschheit ausgebildet werden können, mit denen die Seele bis in die Zeit der Sonnenregion fertig zu werden hat.
11 Dann tritt sie ein in das kosmisch-geistige Leben, reiht sich ein in die Marsregion. Diese Marsregion fällt nun zusammen mit dem, was Sie in meiner «Theosophie» geschildert finden als die erste Partie des Geisterlandes. In dieser Schilderung in der «Theosophie» finden Sie von innen heraus dargestellt, wie die Seele des Menschen so weit vergeistigt ist, daß sie jetzt das, was sozusagen Urbild der physischen Leiblichkeit ist, der physischen Verhältnisse auf der Erde überhaupt, wie etwas Äußeres sieht. Alles, was auf der Erde Urbilder des physischen Lebens sind, erscheint wie eine Art Kontinentalgebiet des Geisterlandes. In dieses Kontinentalgebiet ist dasjenige hineingezeichnet, was die äußeren Ausgestaltungen der verschiedenen Inkarnationen sind. Mit dieser Region des Geisterlandes ist innerlich dasselbe geschildert, was der Mensch zu durchleben hat, wenn man kosmisch spricht, in der Marsregion. - Es könnte sonderbar erscheinen, daß in dieser Marsregion, die ja wiederholt in diesen Vorträgen bezeichnet worden ist als eine Region des Kampfes, der aggressiven Impulse bis in den Beginn des 17. Jahrhunderts hinein, daß in dieser Marsregion sozusagen die erste Region des Devachan, des eigentlichen Geisterlandes zu suchen sei. Und dennoch ist es so. Alles, was auf der Erde zum eigentlichen materiellen Gebiet gehört, was auf der Erde bewirkt, daß das mineralische Reich als ein materielles erscheint, das beruht darauf, daß auf der Erde die Kräfte in einem fortdauernden Streit miteinander liegen. Das hat auch dazu geführt, daß, als der Materialismus ganz besondere Blüten trug und man das materielle Leben als ein einziges auf der Erde ansah, man auch in dem Streit, das heißt in dem «Kampf ums Dasein», die einzig gegebene Gesetzmäßigkeit des irdischen Lebens gesehen hat. Das ist natürlich ein Irrtum, weil auf der Erde nicht bloß materielles Dasein sich entwickelt. Aber indem der Mensch die Erde betritt, kann er ja nur das Dasein betreten, wie es seine Urbilder hat in der untersten Region des Geisterlandes, was für die Erde Geisterland ist. - Lesen Sie nun nach in dieser Schilderung der untersten Region des Geisterlandes in meiner «Theosophie». Ich möchte gerade dieses Kapitel heute hier vorbringen, damit Sie sehen, was eigentlich unseren ganzen Betrachtungen vielleicht doch nachgesagt werden darf. Erinnern Sie sich, daß der Beginn der Schilderung des Geisterlandes in meiner «Theosophie» folgendermaßen gemacht worden ist (S. 132):
12 «Die Bildung des Geistes im ‹Geisterland› geschieht dadurch, daß der Mensch sich in die verschiedenen Regionen dieses Landes einlebt,»
13 Also wir könnten jetzt mit dem, was wir im Verlaufe dieses Winters betrachtet haben, sagen, daß der Mensch von der Marsregion ab sich weiter in die geistigen Verhältnisse einzuleben beginnt.
14 Weiter:
15 «Sein eigenes Leben verschmilzt in entsprechender Aufeinanderfolge mit diesen Regionen; er nimmt vorübergehend ihre Eigenschaften an. Sie durchdringen dadurch sein Wesen mit ihrem Wesen, auf daß ersteres dann mit dem letzteren gestärkt im Irdischen wirken könne. - In der ersten Region des ‹Geisterlandes› ist der Mensch umgeben von den geistigen Urbildern der irdischen Dinge. Während des Erdenlebens lernt er ja nur die Schatten dieser Urbilder kennen, die er in seinen Gedanken erfaßt. Was auf der Erde bloß gedacht wird, das wird in dieser Region erlebt. Der Mensch wandelt unter Gedanken; aber diese Gedanken sind wirkliche Wesenheiten
16 Und dann wird folgendes später auseinandergesetzt (S. 133):
17 «Unsere eigenen Verkörperungen verschmelzen hier mit der übrigen Welt zur Einheit. So blicken wir hier auf die Urbilder der physisch körperlichen Wirklichkeit als auf eine Einheit, zu der wir selbst gehören. Wir lernen deshalb nach und nach unsere Verwandtschaft, unsere Einheit mit der Umwelt durch Beobachtung kennen. Wir lernen zu ihr sagen: Das, was sich hier um dich ausbreitet, das bist du selbst. - Das aber ist einer der Grundgedanken der alten indischen Vedantaweisheit°¹. Der ‹Weise› eignet sich schon während des Erdenlebens das an, was der andere nach dem Tode erlebt, nämlich den Gedanken zu fassen, daß er selbst mit allen Dingen verwandt ist, den Gedanken: ‹Das bist du.› Im irdischen Leben ist das ein Ideal, dem sich das Gedankenleben hingeben kann; im ‹Lande der Geister› ist es eine unmittelbare Tatsache, die uns durch die geistige Erfahrung immer klarer wird. - Und der Mensch selbst wird in diesem Lande sich immer mehr bewußt, daß er, seinem eigentlichen Wesen nach, der Geisterwelt angehört. Er nimmt sich als Geist unter Geistern, als ein Glied des Urgeistes wahr, und er wird von sich selbst fühlen: ‹Ich bin der Urgeist.› (Die Weisheit des Vedanta sagt: ‹Ich bin Brahman›, das heißt ich gehöre als ein Glied dem Urwesen an, aus dem alle Wesen stammen.)»
18 Diese Worte finden Sie in meiner «Theosophie». So sehen wir, daß der Mensch, wenn man sein Eingehen in die Region des Mars schildert, in dem Leben zwischen Tod und neuer Geburt die volle Bedeutung des «Das bist du» lernt, des «Tat tvam asi» und des «Ich bin Brahman». Und wenn hier auf der Erde in oder außer der Seele das Wort ertönt: «Ich bin Brahman», oder das andere Wort: «Tat tvam asi», «Das bist du», so ist das eine irdische Nachbildung desjenigen, was wie ein selbstverständliches Erlebnis in der Marsregion, in der untersten Region des Geisterlandes, in der Seele erklingt. Wenn wir uns nun fragen, woher die urindische Weisheit dasjenige entlehnt hat, was innerhalb dieser Weisheit immer zu dem tief bedeutsamen Worte «Tat tvam asi», «Das bist du», «Ich bin Brahman» geführt hat, so haben wir jetzt diese Region gefunden, und es erscheinen uns jene Lehrer des alten Indiens wie auf die Erde versetzte Angehörige der Marsregion. Und zu dem, was so über die Marsregion, über die unterste Region des Devachan in der «Theosophie» vor Jahren gesagt worden ist, vernehmen wir nun das hinzu, was wir in diesem Winter betrachten durften: daß mit der Morgenröte der neueren Zeit der Buddha in diese selbe Region versetzt worden ist, in die Marsregion der Erde. Daß er hineinversetzt worden war in die Erde und auf dieser sozusagen als Vorbereiter des Mysteriums von Golgatha, geistig angesehen als Vorbereiter, ein halbes Jahrtausend vor diesem Mysterium von Golgatha in das Gebiet hineintrat, in welchem Marsweisheit seit uralten Zeiten ertönt hat. Und nach dem Mysterium von Golgatha wurde er, wie wir wissen, durch das Rosenkreuzertum nach der Marsregion geschickt, um dort weiter zu wirken. Was so im Kosmos sich abspielte: daß in uralter Zeit in der Marsregion der alte Brahmanismus heimisch war, daß im Beginne des 17. Jahrhunderts nach dem Mysterium von Golgatha, wie wir gesehen haben, dieser Brahmanismus überging in den Buddha-Impuls, davon spielte sich ein Bild hier auf der Erde ab: der Übergang des Brahmanismus in den Buddhismus in der indischen Kultur.
19 So sehen wir, wie das, was auf der Erde sich abspielt, in einem weiten, in einem grandiosen Sinne Bild dessen ist, was in den Himmelsregionen vorgeht.
20 Wenn Sie also damals das Kapitel in der «Theosophie» gelesen haben, welches sich Ihnen jetzt enthüllt hat als die Marsregion, und für welches Sie darauf aufmerksam gemacht worden sind, daß ein selbstverständliches Erlebnis dort das «Ich bin Brahman» ist, so könnten Sie nunmehr, indem Sie jenes Kapitel wieder lesen, sich vorstellen, wie ein Werden, ein Geschehen auch in den Regionen des Kosmos ist, wie dieses Geschehen in einer gewissen Weise durchschaut werden kann, und wie der Buddha-Impuls kosmisch sich zu jenem Geschehen verhält, welches in dem betreffenden Kapitel meiner «Theosophie» geschildert worden ist. So gliedert sich uns zusammen das, was wir zum Beispiel in diesem Winter betrachtet haben, mit dem, womit wir in gewisser Weise unsere theosophische Arbeit vor mehr als zehn Jahren begonnen haben°². Als wir zum ersten Male das Geisterland beschrieben haben und von einem kontinentalen Gebiete des Geisterlandes gesprochen haben, als wir davon sprachen, wie dieses Geisterland in seiner untersten Region von dem Gesichtspunkte inneren Seelenlebens aus zu charakterisieren ist, da schon war die Schilderung eben so gegeben, daß Sie, wenn Sie die damalige Darstellung verstanden haben, es nur natürlich finden werden, daß sich der Buddha-Impuls in dieses Geisterland, in die unterste Region desselben hineinstellen kann, wie wir das in diesem Winter schildern konnten. So gliedern sich die Einzelheiten der geistigen Forschung zusammen.
21 Wenn wir dann die zweite Region des Geisterlandes, die damals von dem inneren Seelengesichtspunkt aus geschildert worden ist, das ozeanische Gebiet des Geisterlandes, kosmisch darstellen wollen, so müssen wir es zusammenfallen lassen mit der Jupiterregion. Und wenn wir das dritte Gebiet des Devachan, das Luftgebiet, kosmisch schildern wollen, dann fällt es zusammen mit dem Saturnwirken, mit der Saturnregion. Und was als die vierte Region des Geisterlandes geschildert ist, das geht schon hinaus über unser Planetensystem. Da dehnt sich die Seele sozusagen in weitere Räume aus, in den weiteren Sternenhimmel hinein. Und Sie werden an der Schilderung, welche damals von dem inneren Seelengesichtspunkte aus gegeben wurde, finden, wie die Eigenschaften der Seelenerlebnisse für die vierte Region des Geisterlandes so gegeben sind, daß man ihnen ansieht: sie können nicht durchlebt werden in dem, was noch in einer solchen räumlichen kosmischen Beziehung zur Erde steht wie das gesamte Planeten-System. Es wird aus der vierten Region des Geisterlandes etwas hereingetragen, was so urfremd ist, daß man es nicht mit alledem zusammenbringen kann, was innerhalb auch der letzten planetarischen Sphäre, der Saturn-Sphäre, erlebt werden kann.
22 Und dann lebt sich die Seele immer weiter und weiter hinaus in Erdenfernen, aber auch in Sonnenfernen, geht in den Sternenhimmel. Das ist in den drei höchsten Partien des Geisterlandes geschildert, welche die Seele durchmacht, bevor sie sich wieder zusammenzuziehen und die ganzen Verhältnisse in einer anderen Weise zurück zu durchlaufen beginnt, indem sie sich beim Rücklauf die Kräfte aneignet, durch welche sie sich dann ein neues Erdenleben aufbauen kann. - Wir können im allgemeinen sagen: Wenn die Seele die Sonnenregion durchschritten hat, ist sie fertig mit alledem, was in einer gewissen Weise in Anlehnung an die «Persönlichkeit» des Menschen erlebt werden kann. Was außerhalb der Sonnenregion, außerhalb der Region des eigentlichen Seelenlebens erlebt wird, das ist dann geistig; das geht über alles Persönliche hinaus. Was die Seele dann durchlebt als das «Das bist du» - und insbesondere in unserer Zeit, wo sie das durchlebt, was auf dem Mars als Buddha-Impuls erlebt werden kann, was hier auf der Erde sich so sonderbar ausnimmt, sich aber auf dem Mars nicht mehr sonderbar ausnimmt - der Impuls, der durch das Wort «Nirwana» bezeichnet wird, das heißt das Loskommen von allem, was auf der Erde seine Bedeutung erhält, also das Sich-Nähern der großen kosmischen Bedeutung des Weltenraumes: das alles durchlebt die Seele so, daß sie sich frei macht von dem, was die Persönlichkeit ist. In der Marsregion, der untersten Region des Geisterlandes, wo die Seele dahin gelangt, das «Das bist du» zu verstehen, oder in unserer Zeit den Buddha-Impuls aufzunehmen, da macht sie sich frei von den Zusammenhängen mit allem Irdisch-Natürlichen. Nachdem sie sich seelisch davon frei gemacht hat - wozu der Christus-Impuls ihr verhelfen muß -, macht sie sich geistig davon frei, indem sie alles, was Blutsbande sind, was auf der Erde gebunden werden kann, in seiner irdischen Bestimmtheit erkennt, aber dann übergeht zu neuen Verhältnissen.
23 In der Jupiterregion werden dann die Verhältnisse gelöst, welche die Seele hineinzwingen in ein bestimmtes engeres religiöses Bekenntnis. Wir wissen, daß die Seele durch die Venusregion nur dadurch gesellig gehen kann; einsam würde sie da werden, wenn sie ein religiöses Bekenntnis überhaupt nicht hätte. Und wir haben gesagt, daß sie durch die Sonnenregion nur richtig gehen kann, wenn sie Verständnis hat für alle Bekenntnisse. In der Jupiterregion aber macht sich die Seele erst frei von dem Bekenntnis, dem sie während der letzten Inkarnation angehört hat. Das ist nicht etwas, dem sie persönlich angehört hat, sondern etwas, in das sie hineingeboren war, das sie mit anderen Seelen gemeinschaftlich hatte. Während sie also durch die Venus-Sphäre nur gehen kann, wenn sie überhaupt religiöse Vorstellungen sich im Erdenleben angeeignet hat, während sie durch die Sonnenregion nur gehen kann, wenn sie Verständnis hat für alle irdischen religiösen Bekenntnisse, kann sie durch die Jupiterregion nur gehen, wenn sie in der Lage ist, sich loszulösen von dem Bekenntnis, das sie während des Lebens gehabt hat; nicht genügt es, daß sie nur die anderen verstehen kann. Denn da wird es dann entschieden, wenn sie durch die Jupiterregion geht, ob sie das nächste Mal noch durch dasselbe Bekenntnis gehen muß, oder ob sie alles durcherlebt hat, was in einem bestimmten religiösen Bekenntnis erlebt werden kann. Die Frucht eines religiösen Bekenntnisses heimst die Seele auf der Venus ein, die Frucht des Verständnisses alles religiösen Lebens erfahrt sie auf der Sonne; wenn aber dann die Seele in die Jupiterregion gelangt, dann muß sie in der Lage sein, für das nächste Leben, das sie auf der Erde durchzumachen hat, sich ein neues religiöses Verhältnis zu begründen. Das sind drei Stadien, welche die Seele zwischen Tod und neuer Geburt erlebt: erst die Frucht des Bekenntnisses seelisch durchleben, welchem die Seele im letzten Leben angehörte; dann die Frucht dessen entgegennehmen, was sie an Schätzung auch aller anderen religiösen Bekenntnisse entwickelt hat; dann sich so weit von dem letzten Bekenntnis losmachen, daß sie in ein anderes Bekenntnis wirklich übergehen kann. Denn dadurch, daß man alle Bekenntnisse zugleich schätzt, kann man noch nicht in ein anderes übergehen; und wir wissen, daß die Seele bei ihrem Zurückgehen durch diese Regionen noch einmal in die Jupiterregion kommt; da bereitet sie sich dann diejenigen Anlagen zu, welche sie braucht, um im nächsten Leben in einem andern Bekenntnisse zu leben. So werden langsam die Kräfte in die Seele hineingeprägt, welche der Seele notwendig sind, damit sie sich ein neues Leben zimmern kann.
24 Lesen Sie nun, was in der «Theosophie» über die dritte Region des Geisterlandes, das Luftgebiet, gesagt ist, so werden Sie diejenigen Dinge wiederfinden, die hier gesagt worden sind bei der Schilderung der Saturnregion. In dieser Region werden nur diejenigen Seelen sozusagen geselliger Natur sein können, nicht eine grauenhafte Einsamkeit durchleben müssen, welche fähig sind, wirklich schon eine gewisse Stufe der Selbsterkenntnis, der vorurteilsfreien Selbsterkenntnis zu üben. Nur dadurch, daß man Selbsterkenntnis üben kann, vermag man jene Regionen zu betreten, welche dann über die Saturnregion, damit also auch über unser Sonnensystem in das kosmische Weltenleben hinausgehen, aus dem die Seelen immerdar das bringen müssen, was den Erdenfortschritt wirklich bewirkt. Denn wenn niemals Seelen als gesellige Naturen sich über das Saturnleben hinausheben würden, so würde die Erde nie einen Fortschritt erleben können. Nehmen Sie zum Beispiel die Seelen, welche heute hier sitzen: wenn die Seelen, die heute auf der Welt verkörpert leben, niemals zwischen Tod und neuer Geburt über die Saturnregion hinausgegangen wären, dann würde die Kultur der Erde noch dieselbe sein wie zum Beispiel in der alten indischen Zeit. Nur dadurch hat die uraltindische Kultur ihren Fortschritt zu der urpersischen Kultur haben können, daß in der Zwischenzeit Seelen über die Saturnregion hinausgegangen sind; und wiederum wurde der Fortschritt von der urpersischen zur ägyptisch-chaldäischen Kultur dadurch bewirkt, daß die Impulse zum Fortschritt aus den Regionen jenseits der Saturnsphäre hereingeholt sind. Was Menschen zum Fortschritt der Erdenkultur beigetragen haben, das ist von den Seelen hereingeholt worden aus der Region außerhalb der Saturnregion.
25 Dies alles, was von außerhalb der Saturnregion hergeholt worden ist, bewirkte den äußeren Menschheitsfortschritt; das bewirkte, daß sich die einzelnen Kulturepochen von Zeit zu Zeit wandeln, daß neue Kulturimpulse auftreten. Daneben haben wir dann jenen Strom inneren Erlebens, der von dem äußeren Kulturfortschritt unterschieden ist, der seinen irdischen Schwerpunkt im Mysterium von Golgatha hat. Wenn wir nun wissen, daß der Strom inneren Erlebens im irdischen Seelenleben der Menschen seinen Schwerpunkt im Mysterium von Golgatha hat, und wenn wir auf der anderen Seite dieses Mysterium von Golgatha in Beziehung bringen mit der Sonnenregion, dann entsteht eine Frage; eine Frage, die uns nun lange in diesen Betrachtungen würde beschäftigen können, die wir aber wenigstens heute vor unsere Seele hinstellen wollen. Denn das ist ja gerade das Gute, daß sich unsere Seelen über solche Fragen selber, in sich, auf Grundlage dessen, was wir nun schon in Vorträgen und Zyklen finden können, eigene Gedanken machen können, die dann nur nach den Forschungen, die hier vorgebracht werden, rektifiziert werden.
26 Wir haben auf der einen Seite die Tatsache stehen, daß der Christus der Sonnengeist ist, der sich durch das Mysterium von Golgatha mit dem Erdenleben vereinigt hat. Sie können am genauesten diese Tatsache nachlesen in dem Zyklus «Das Johannes-Evangelium im Verhältnis zu den drei anderen Evangelien, besonders zu dem Lukas-Evangelium», der in Kassel gehalten ist, und in dem Zyklus «Von Jesus zu Christus». Jetzt haben wir nun die andere Tatsache, daß aller äußerer Erdenfortschritt, der Fortschritt der einzelnen Kulturepochen, außerhalb der Saturnregion zu suchen ist, daß er also von außerhalb der Saturnregion hergeholt werden muß. Es entsteht daher eine Frage. Was den eigentlichen Erdenfortschritt von Kulturepoche zu Kulturepoche bewirkt, das hängt also zusammen mit einer ganz andern Welt - außerhalb der Saturn-Sphäre - als dasjenige, was den Fortschritt bewirkt, der charakterisiert werden kann als jene geistig-spirituelle Strömung, die durch die Menschheitsentwickelung geht, in den alten Zeiten an die Menschheit herankommt, ihren Schwerpunkt hat im Mysterium von Golgatha und dann ja so verläuft, wie es öfter geschildert worden ist. Wie stimmen diese beiden Dinge zusammen? In der Tat muß man sagen: Diese beiden Dinge stimmen vollständig zusammen.
27 Sie müssen sich nur vorstellen, daß unserer ganzen Erdentwickelung, wie wir sie heute haben, die frühere Verkörperung der Erde, die alte Mondenzeit, vorangegangen ist. Und nun stellen Sie sich einmal hintereinander vor die alte Mondenzeit, wie wir sie öfter beschrieben haben, und die jetzige Erdenzeit. Von der alten Mondenzeit bis in die jetzige Erdenwelt verfließt die ganze Entwickelung in der Weise, daß wir in der Mitte etwas wie eine Art von Weltenschlaf haben. Wie in eine Art von Keimzustand ist beim Übergang vom alten Mond zur Erde alles hineingegangen, was auf dem alten Mond existiert hat, und daraus ist dann später das hervorgegangen, was auf der Erde vorhanden ist. Aber mit diesem Hervorgehen aus dem Weltenschlaf sind alle einzelnen planetarischen Sphären auch erst hervorgegangen. So waren die Planeten-Sphären zur alten Mondenzeit nicht, wie sie heute sind. Wir haben die alte Mondenzeit; dann geht diese in den Weltenschlaf. Dann entwickeln sich heraus die Welten-Sphären, die Planeten-Sphären; die gehören dazu, wie sie jetzt sind. Daher können wir bis in die Saturn-Sphäre hinausgehen, und wir haben darin das, was sich erst zwischen der alten Monden- und Erdenzeit im Kosmos herausgebildet hat. Wenn wir aber den Christus-Impuls nehmen, so gehört er nicht zu dem, was sich während dieser Zeit im Kosmos herausgebildet hat, sondern zu dem, was schon der alten Sonne angehört hat, was von der alten Sonne sich herüberentwickelt hat, aber in der Sonne geblieben ist, als sich der alte Mond von ihr abtrennte, was sich zur Erde herüberentwickelte, aber mit der Sonne vereinigt geblieben ist, nachdem alle die Sphären von der Sonne sich abgewickelt haben, die im Saturn, Jupiter und so weiter drinnen sind. Daher hat die Seele außer dem, was sie vor dem Mysterium von Golgatha war, nun dasjenige in sich, das mehr ist als alles, was in den planetarischen Sphären enthalten ist, was tief im Weltenall begründet ist, was also zwar zunächst von der Sonne zur Erde heruntersteigt, aber im Geistigen viel tieferen Regionen angehört als die sind, welche wir in den planetarischen Sphären vor uns haben. Denn die planetarischen Sphären sind ein Ergebnis desjenigen, was aus der Entwickelung vom alten Mond zur Erde herüber geworden ist. Was uns aber aus dem Christus-Impuls zukommt, das kommt von der alten Sonne herüber, die dem alten Mond vorangegangen ist.
28 Daraus sehen wir, daß der äußere Kulturverlauf der Erde, indem er sich als Fortschritt darstellt, allerdings mit dem Kosmos zusammenhängt, daß aber das innere Leben in einem viel tieferen Sinne noch als das äußere Kulturleben mit dem Sonnenleben zusammenhängt. So haben wir auch geistig in diesen ganzen Verhältnissen etwas vor uns, wovon wir sagen können: Ja, wenn wir in die Sternenwelten hinausschauen, so erscheint uns in diesen Sternenwelten zunächst wie im Raume ausgebreitet eine Welt, welche durch die Menschenseelen, die zwischen Tod und neuer Geburt in diese Sternenwelten hinausgehen, wieder auflebt in der menschlichen Kultur; aber indem wir zur Sonne schauen, erblicken wir in der Sonne etwas, was so geworden ist, wie es heute ist, indem es selber eine lange, lange Zeitentwickelung durchgemacht hat. Und als noch nicht von einer Beziehung der Erdenkultur mit den Sternenwelten geredet werden konnte, wie es heute getan werden kann, da war schon das Sonnenleben mit dem Christus-Impuls verbunden, in einem Verhältnis zu ihm stehend, in Urzeiten, in welchen von einem Zusammenhange der Erde mit den Sternenwelten noch nicht gesprochen werden konnte. So ist gleichsam alles, was aus den Sternenwelten für die Kultur der Erde heruntergeholt wird, wie eine Art Erdenleib anzusehen, der beseelt werden sollte - und der beseelt wurde - mit dem, was sich mit der Entwickelung der Sonne an die Erde herangelebt hat, mit dem Christus-Impuls. Die Erde ist beseelt worden, indem das Mysterium von Golgatha geschehen ist; damals hat die Erdenkultur ihre «Seele» bekommen. Was der «Tod auf Golgatha» ist, das ist scheinbarer Tod; in Wahrheit ist es die Geburt der Erdenseele. Und alles, was aus den Weltenräumen hergeholt werden kann, auch von außerhalb der Saturn-Sphäre her, das nimmt sich zur Erden-Sphäre wie der Erdenleib zur Erdenseele aus.
29 Das sind Betrachtungen, die uns zeigen können, wie innerhalb der Darstellung in dem Buche «Theosophie», nur mit etwas andern Worten und von anderm Gesichtspunkte aus, schon das enthalten ist, was in diesem Winter gleichsam vom kosmischen Standpunkte aus, kosmographisch, geschildert worden ist. Sie brauchen sich nur vorstellen, daß einmal von der Seele aus geschildert ist, das andere Mal von den großen kosmischen Verhältnissen aus, und Sie können die beiden Schilderungen zum vollkommenen Übereinstimmen, zum vollständigen Parallelismus bringen.
30 Was ich als einen Schluß daraus ziehen möchte, das ist, daß Sie sehen können, wie ausgebreitet die geistige Wissenschaft ist, und daß ihre Methode so sein muß, daß man von den verschiedensten Seiten her zusammenträgt, was Aufklärung über die geistige Welt bringen kann. Wenn auch erst nach Jahren etwas hinzugebracht wird zu dem, was vor Jahren gesagt worden ist, so brauchen sich die Dinge darum nicht zu widersprechen; denn sie sind nicht philosophischen Systemen oder menschlichem Nachdenken, sondern der okkulten Forschung entsprungen. Was heute gelb ist, das wird nach zehn Jahren noch gelb sein, wenn auch erst nach zehn Jahren das Wesentliche dessen, was das Gelb ist, begriffen werden wird. So gilt das, was hier in früheren Jahren vorgebracht worden ist, nach Jahren noch, auch wenn es nun durch das, was wir jetzt hinzubringen können, von neuen Gesichtspunkten aus neu beleuchtet werden kann.
S.172ff
°¹ Vedantaweisheit: Vedanta heißt «Ziel» oder «Ende des Veda» und bezeichnet die systematische philosophische Zusammenfassung der Lehre des Veda («heiliges Wissen», «heilige Lehre»), zunächst in den Brahma-Sutras des Badarayana, dann als klassisch gewordenes Vedantasystem des großen Philosophen Shankaracharya. - Über die Veden und den Vedanta hatte Rudolf Steiner u. a. kurz zuvor in Köln im Zyklus «Die Bhagavad Gita und die Paulusbriefe» gesprochen.
°² womit wir ... unsere theosophische Arbeit vor mehr als zehn Jahren begonnen haben: Als Generalsekretär der Deutschen Theosophischen Sektion vertrat Rudolf Steiner von Anfang an seine eigene geisteswissenschaftliche Forschung. Nach der Trennung von der Theosophischen Gesellschaft nannte er sie «Anthroposophie». Diesen Namen benutzte Rudolf Steiner jedoch schon in einem Vortrag, den er am 20. Oktober 1902 hielt, in der Zeit, als er zum Generalsekretär ernannt wurde.
S.195
(aus «GA 141»)
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWvtr114100172.htm