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Zitatensammlung
Teil 2
Zitat von Carl Jacob BURCKHARDT zu
RUHM und TOTEN
Ruhm ist heidnisch. Er bedeutet Macht, Macht über den Tod hinaus, Herrschaft über die Gemüter. Als ein Zwingendes geht dem Berühmten ein Ruf voraus, der das Urteil lähmt. Das Mißverständnis hat Anteil an seinem Entstehen, er entspricht dem unbewußten Wunsch der Menge wie der Kenner, sich selbst in Werten und Unwerten eines einzelnen zu verwirklichen; ob es wirklich die Werte waren, die das Entstehen des Ruhmes bestimmten, erweisen nur die Zeit und die Dauer; daher auch der Wille des Berühmten, sich seinen Ruf zu erhalten; denn nicht nur Unsterblichkeit unter den Sterblichen sucht er, sondern Selbstbestätigung. Der Ruhm versinkt und aufersteht, das in der Schrift erhaltene Wort vor allem vermag es immer wieder, über weiteste Zeitspannen hinaus ihn anzurufen, indem es heiße Wünsche und plötzliche Zustimmungen schaft. Daher die Ehrfurcht vor der Sprache, die als die unerschöpfliche Ader erscheint, durch welche ein Volk stets mit seinen innersten heimlichen Wesenszügen in Verbindung bleibt, fand doch alles jemals Gewollte, Empfundene und Geahnte in ihr seinen Niederschlag. Durch die Sprache halten uns die Toten lange fest, sie üben einen Zwang aus auf uns und veranlassen uns, in der Weise zu denken und zu leben, wie es ihnen selbst beschieden war. Der ewige Wunsch nach dem Neuen ist der vergebliche Versuch, sich von den Toten zu befreien.
aus „Erasmus von Rotterdam” in «Gesammelte Werke 2»; S.36f
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit028180036.htm