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Zitatensammlung
Teil 2
Zitat von Emil BOCK zu
MARIA und HEILIGEM GEIST
1 Über das, was der Heilige Geist ist, sind heute nur unklare und abstrakte Vorstellungen vorhanden. Wenn man sagt: der Heilige Geist sei die dritte Person der Dreifaltigkeit, so bedeutet das statt einer Antwort nur neue Probleme. In urchristlichen Zeiten stellte man sich bei der Frage nach dem Heiligen Geist das Bild der Maria vor die Seele. Man empfand, daß Maria - ebensowenig wie Christus - »bloß ein Mensch« sei und daß ihre Bedeutung nicht allein in dem Schicksal beruhe, die Mutter eines Großen zu sein. So wie man in der Menschengestalt Jesu den Christus sah, so in der Menschengestalt der Maria den Heiligen Geist. Wie der Christus eine göttliche Wesenheit ist, die in Jesus verkörpert war, so war jenen Zeiten der Heilige Geist ein höheres Wesen, das man in Maria leibhaftig werden sah. Unter der »Überschattung durch den Heiligen Geist« verstand man nicht nur ein einmaliges Geschehnis zum Zwecke der Empfängnis, das gewissermaßen an die Stelle des irdischen Vaters getreten sei und die Empfängnis bewirkt habe - solche Vorstellungen entstanden erst in der Zeit der Dogmenbildung, als das Urchristentum schon zum Kirchenchristentum erstarrte.[a] Sondern man fühlte, daß für Maria die Überschattung durch den Heiligen Geist ein dauernder Zustand war; daß unter diesem Einfluß die Empfängnis eine andere war, als sie unter bloß menschlichen Verhältnissen gewesen wäre; daß aus dieser Überschattung das Mysterium hervorfloß, durch welches Maria eine Sonderstellung nicht nur unter allen Frauen, sondern unter allen Menschen einnahm. Der Ursprung des Madonnenkultus liegt darin, daß man den Heiligen Geist verehren wollte, indem man Maria verehrte.
2 In vielen älteren Dokumenten, Texten, Malereien, Plastiken usw., in denen zugleich auch vorchristliche Motive mitschwingen, begegnen wir statt der Trinität von Vater, Sohn und Geist der von Vater, Mutter und Sohn. Wie die erste Person der Trinität der Weltenvater, so ist die dritte die Weltenmutter. Und die Weltenmutter fand man inkorporiert, Mensch geworden in der Gottesmutter Maria.
3 Der Zusammenhang zwischen Maria und dem Heiligen Geist ist vielleicht eines von den Mysterien, die dem heutigen Denken am fremdesten sind, obwohl man heute mehr als je in Anknüpfung an den Schluß von Goethes Faust das Wort vom Ewig-Weiblichen im Munde führt. Dieses Ewig-Weibliche, das geistige Urbild des Frauenwesens, ist nicht eine Abstraktion, sondern ein wirkliches Wesen. Man kann es »die mütterliche Weltenseele« nennen. Man kann es auch im Anschluß an frühchristliche, gnostische Strömungen »die Jungfrau Sophia« nennen. Sophia [ἡ σοφία] heißt Weisheit. In der mütterlichen Weltseele ruht die Schatzkammer der kosmischen Weisheit. Diese Sophia ahnt man besser aus dem verstehenden Herzensinstinkt mancher Frauen, als aus der erdrückenden Fülle eines Gelehrtengehirnes. Das Herz des Menschen steht der Sophia, der Urweisheit, näher als das Gehirn. Was für den Jüngerkreis im ganzen am Pfingstfeste geschah in der Ausgießung des Heiligen Geistes, das geschah für den Jünger Johannes bereits unter dem Kreuze, wo Christus ihn mit Maria-Sophia verband. [Jh.19,25-27] Die kosmische Weisheit beginnt in die erwachenden Herzen einzuströmen.
4 Ein doppeltes Mysterium umfaßt die »Sophia«: das Licht-Spendende der Weltenweisheit und das Leben-Spendende der Weltenmutter. Der Heilige Geist ist auch der heilende Geist. Diese Seite des Heiligen Geistes, durch die Wortgestaltungen der deutschen Sprache nahegelegt, ist früher lebendig gewesen, dann aber verlorengegangen. Vor dem Bilde der Maria hat man stets heilende Kräfte verspürt, den heilenden Geist. Und man hat durch den ganzen Gang der Menschheitsgeschichte hindurch empfunden, wie von dem Wesen edler Frauen harmonisierende, heilende Wirkungen auf Menschenseelen ausgegangen sind. [...]
aus «Das Evangelium»; S.618ff
a] etwa ab dem Kirchenvater Tertullian
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit013670618.htm