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Neudenken:
Weg zur Seßhaftigkeit
1 Zarathustra [... a] soll seine Offenbarungen auf dem bezaubernd schönen, über 4.900 m hohen Savalangebirge [b] im nordwestlichen Iran erhalten haben. [...]
2 Zarathustras Laufbahn war wie die aller Religionsstifter [c] zu Beginn schwer. Der Prophet nannte sich „Zaotar”, was die altüberkommene Bezeichnung für Priester war. Er wurde verlacht und vielleicht sogar aus seiner Heimat vertrieben. Doch dann wandte sich sein Schicksal zum Guten, und Zarathustras Lehre scheint sich mit viel Erfolg vom wilden Osten Irans [d] in den höher zivilisierten Westen ausgebreitet zu haben. Als der Prophet, der Legende nach, in hohem Alter während eines Gottesdienstes unter den Dolchen von [turanischen] Nomaden, die er so wirkungsvoll bekämpft hatte, starb, teilte er diesen gewaltsamen Tod mit manchen iranischen Religionsstiftern wie Mani, Mazdak und auch Bab.[e]
[...]
3 Wiewohl Zarathustras religiöse Anschauungen schon am Beginn seines Wirkens vor allem in den hohen Kreisen der Bevölkerung Wurzeln schlugen, waren es doch in erster Linie die armen Ackerbauern und Viehzüchter, an die er sich wandte. Seine Anweisungen gipfelten darin, den Menschen den Segen der Erde vor Augen zu führen sowie dem geknechteten und verzweifelten Bauerntum Unterstützung und Hilfe zur Abwehr der Gewalttaten wilder Wandervölker zu verschaffen. Die Zustände im Iran müssen zu Lebzeiten des Propheten sehr arg [f] gewesen sein. Nomaden brachen in die Siedlungsgebiete ein, trieben die Herden der Bauern davon, holten sich Tribute, um ihren vielen Naturgöttern zu opfern, und ließen die Seßhaften in tiefer Not zurück.
4 Gab es niemand, der den Schrecken beseitigte? Niemand, der das Leben der Fleißigen beschützte, der die Arbeit segnete und den Raub verdammte? Auf dem heiligen „Berg der Offenbarung” sprach Gott [g] mit Zarathustra [...] und nannte ihm den „Weg”, den [...] später Christus mit den Worten „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben”[h] verkündete.
5 Nun war Zarathustra der Gesandte Gottes geworden, der erkoren war, seine Botschaft auf Erden zu verbreiten. [...] Das Wesen seiner Predigt war eine von Formalismen weitgehend befreite Tugend- und Sittenlehre. Feierlich teilte er die Pflichten der Menschen mit: Der Gute und der Fromme sollten einfach sein und sich nur durch „Vahu-Manya”, „gutes Denken ”, leiten lassen. Der gute Mensch erhebt sich durch Hilfsbereitschaft seinen Mitmenschen gegenüber, durch Pflege der Scholle, auf der er wohnt, und durch sorgliche Behandlung seiner Haustiere [i] hoch über das Unwesen und die Unmoral der Räuber [...].
[...]
6 Sorge um Gedeihen der Landwirtschaft war, nach Zarathustra, eine der tiefsten Wurzeln des Lebens. Die Hauptbeschäftigung der Menschen, so lehrte er, soll Haustieren gelten. Stier und Kuh nehmen eine bevorzugte Stellung ein. „Die Kuh gewinnen”, heißt himmlische Seligkeit erreichen. Auch Hengst und Stute, Hund und Hahn sind gute Tiere, letzterer, weil er den Anbruch des Tages und das Weichen der Nacht verkündet.
7 Die größte Verehrung genießt der Hund. Man schätzt ihn als Mitkämpfer gegen die Raubtiere und als Wächter und Beschützer der Herden. Bezüglich der Pflege des Hundes wird bestimmt, daß man ihm vor allem gutes Futter geben soll. Besonders die Wache haltenden Hunde sind mit Milch, Fett und Fleisch zu nähren, und nie darf sich ein Hund bei Essenden befinden, ohne daß er auch von ihrer Nahrung seinen Teil erhielte. Wer einem Hund zu heiße Speisen oder nicht benagbare Knochen gibt, begeht eine Sünde. Schwer zu sühnen hat, wer eine trächtige Hündin schlägt oder fortjagt, und jedermann ist verpflichtet, die auf seinem Grund zur Welt gekommenen Hunde sechs Monate lang aufzuziehen.
8 Es gibt aber auch Geschöpfe des Bösen. Zu ihnen gehören Schlangen, Raubtiere und Wölfe, die Herden befallen. Zu den schlechten Tieren zählen alle, die in Höhlen oder Löchern leben und dem Ackerboden schaden, also Ratten, Mäuse und Ameisen, desgleichen alle kriechenden Geschöpfe, wie Schildkröten, Eidechsen und Frösche, ebenso Ungeziefer, wie Mücken, Läuse und Flöhe. Die Tötung aller dieser Tiere ist empfohlen. Für gewisse Sünden ist sogar die Vernichtung einer bestimmten Zahl Schlangen und Ameisen als Buße vorgeschrieben.[k]
Alfons Gabriel
aus «Die religiöse Welt des Iran»; S.44ff
Unsere Anmerkungen
a] vgl. Abriss zu Zarathustra
b] gemeint ist der erloschene Vulkan Sabalân
c] und Kulturerneuerer im Übergang zur Sesshaftigkeit (vgl. R.Steiner zu Iran u. Turan)
d] möglicherweise Baktrien
e] Mani begründete den Manichäismus, Mazdak war ein sozialreformerischer zoroastrischer Priester des V./VI.Jahrhunderts und Bâb ein Vorläufer der Baha'i im XIX.Jahrhundert.
f] vgl. arger Geist ~ Angra Mainju
g] Die Gottesvorstellung Zarathustras, Ahura Mazda, hat nur wenig mit heutigen Gottesbegriffen zu tun.
h] Jh.14,6
i] weiters vor allem durch Wahrung des Herdfeuers (altiran. Atesch)
k] Je detaillierter die Vorschriften, desto weiter ist das Gesetz von der ursprünglichen Offenbarung entfernt.
https://wfgw.diemorgengab.at/tzn202309.htm