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Zitatensammlung
Teil 1
Zitate von Rudolf STEINER zu den
HYBERNISCHEN MYSTERIEN
1a Wenn wir im europäischen Leben weit zurückgehen, so finden wir Mysterien und Eingeweihte der tiefsten Art im uralten Irland. Aber die irischen Mysterien haben sich bis in die christliche Zeit wirklich erhalten. Selbst noch heute ist in Irland viel geistiges Leben - nicht abstraktes, begriffliches, sondern wirkliches - geistig wirksam. So chaotisch sich das äußere Irland heute ausnimmt, es ist in Irland viel wirkliches geistiges Leben; aber das ist ja doch nur der letzte Rest desjenigen, was einst dagewesen ist. In Hybernia, in Irland waren tief eingreifende Mysterien, die noch in den ersten Jahrhunderten unter Aufnahme des Christentums bis nach Europa hineingewirkt haben.
1b [...] Aber es war gerade in den irischen Mysterien die strenge Regel, daß Schüler, die sich einem Eingeweihten anvertraut hatten, von ihm im künftigen Erdenleben nicht wieder verlassen werden, sondern daß von ihm etwas vollbracht wird im Erdenleben, was diese Schüler mit ihm zusammenhält, was ein Band begründet zwischen diesen Schülern und ihm. [...]
Prag, 5.Apr.1924 ♄ (aus «GA 239»; S.63)
2a Nun waren die irischen Mysterien von ganz besonderer Tiefe, nicht von einer intellektuellen Tiefe, sondern von einer allgemein menschlichen Tiefe. Es war zum Beispiel einer der kultischen Eindrücke, die man empfing, dieser: Nachdem man lange vorbereitet war über das Trügerische der Wahrheit auf der Erde, über die Möglichkeit der Zweifel, sollte man im Bilde erleben dasjenige, was nur durch das Bild den großen Eindruck machen kann. Da wurde der Schüler vor zwei Statuen gebracht. Die eine stellt sich dar wie ganz elastisch, aber im Inneren hohl. Sonst war sie von majestätischer Größe, sie machte durch ihre ganze Wirkung einen gewaltigen Eindruck. Der Schüler mußte tasten. Dieses Tasten durchschauerte ihn innerlich furchtbar, den Eindruck des Lebendigen machte die Statue - man grub sich hinein mit dem Finger, zuckte zurück, und gleich stellte sich die Form wieder her. Man bekam den Eindruck von einem Leben, das da war, das sich gleich herstellt, wenn es auch nur ein wenig zerstört wird. Dadurch sollte auf alles dasjenige im Menschen gedeutet werden, was im Menschen sonnenhaft ist.
2b Die andere Statue, sie war mehr plastisch. Wiederum tastete man da. Der dadurch entstandene Eindruck blieb. Erst, wenn man am nächsten Tage wieder hingeführt wurde, war inzwischen in der Nacht alles wieder hergestellt worden. Solche Kultverrichtungen bewirkten eine Umwandlung des inneren Lebens. Und so hatte einen tiefen Eindruck eine Persönlichkeit in diesen irischen Mysterien empfangen, die dazumal auch als männliche Persönlichkeit lebte. Sie werden begreifen, meine lieben Freunde, daß, wenn man heute Inkarnationsbeispiele anführt, man leicht auf männliche Inkarnationen stößt, weil in früheren Epochen fast ausschließlich die Männer eine Rolle gespielt haben. Die weiblichen Inkarnationen liegen dazwischen. Heute, wo die Frau beginnt, die große Rolle zu spielen in der geschichtlichen Entwickelung, heute bereitet sich die Zeit vor, wo man in intensiver Weise wird zu sprechen kommen auf weibliche Inkarnationen.
Paris, 25.Mai 1924 ☉ (aus «GA 239»; S.116f)
3a In diesen Mysterien mußte vieles durchgemacht werden, ehe man hinauf-initiiert wurde zu derjenigen Gestalt der Weistümer, die man gerade in diesen irischen Mysterien empfangen sollte. Da mußte derjenige, der initiiert werden wollte, zunächst erleben einerseits alles dasjenige, was sich an Zweifeln gegenüber den großen Wahrheiten in der menschlichen Seele ablagern kann; der Schüler wurde geradezu erzogen dazu, an allem so stark zweifeln zu können, als man irgendwie zweifeln kann, zweifeln zu können gerade an den höchsten Wahrheiten. Und erst, wenn man in seiner Seele alles das durchgemacht hatte an Schmerzen, an innerer Tragik, an Niedergedrücktheit, ich möchte sagen an innerlichem Zerpreßtsein, alles was man erleben kann im Zweifeln an den höchsten Wahrheiten, dann wurde man, zuerst bildhaft imaginativ und dann in geistiger Realität, zu dem wirklichen Erfassen der Wahrheit hingeführt. So daß ein jeder, der in hybernische Mysterien eingeweiht war, nicht nur gelernt hatte, an die Wahrheit zu glauben, sondern auch, an die Wahrheit nicht zu glauben. Dadurch erst konnte sich das Unerschütterliche seines Festhaltens an der Wahrheit lebenskräftig erweisen.
3b Noch ein anderes Gefühl wurde wachgerufen bei denjenigen, die zu suchen hatten die Initiationsweisheit Hybernias. Sie wurden zu der Empfindung gebracht, daß eigentlich alles Dasein so sein könnte wie das Erdendasein: eine Illusion, kein wirkliches Dasein. Nicht nur zu zweifeln an der Wahrheit, sondern zu empfinden das Nichts im menschlichen Dasein, das Nichtsein im menschlichen Dasein, dazu wurde der Mensch gebracht. Und dann wurde er gegenüber den sich immer neu gestaltenden ätherischen Mächten und gegenüber den physischen Mächten, die in einer Zerstörung begriffen sind, aber vom Geistigen, von geistiger Seite her immer neu gestaltet werden, gegenüber all dem, was das Leben durchzieht an zerstörenden und wieder aufbauenden Kräften, nachdem sein Gemüt in die richtige Stimmung versetzt war, um ganz zur Imagination in dieser Sache zu kommen, vor zwei mächtige, gewaltige Bildsäulen geführt. Und er wurde dazu veranlaßt, die eine Bildsäule zu drücken: immer wieder stellte sich die Bildsäule her, da diese Bildsäule so gestaltet war, daß sie ganz elastisch war; immer stellte sich dasjenige, was er hineingedrückt hatte, wiederum her. Die Bildsäule behielt immer wieder ihre Form, aber die Bildsäule erschien ihm wie lebendig. Und er wurde, weil feierliche Stimmung es war, in die er zuerst getaucht war bei diesem unmittelbaren Eindruck, den er durch das Berühren erfahren hatte, auf die Eigenheit des Lebendigen hingewiesen. Die andere Bildsäule war so konstruiert, daß, wenn man auf sie drücken wollte, das wieder drinnen blieb, wodurch sie deformiert wurde. Erst wenn man am nächsten Tage wiederum vor sie hingeführt wurde, war sie ausgebessert. Die innere Konstitution des Physischen und des Ätherischen, also etwas von der Wahrheit der Selbstanschauung, zog vor die Schüler hin.
3c Das war die erste Stufe. Dann wurden sie vor andere Bilder geführt, immer mehr hineingeführt in das tatkräftige Begreifen der inneren Konstitution. Diese Schüler Hybernias umfaßten in der Tat in ihrer Seelenkonstitution stark dasjenige, was geistige Wirklichkeit heißt. Die äußere physische Wirklichkeit achteten sie, wenn sie gewisse Grade der Initiation erreicht hatten, nicht mehr sehr, aber in der geistigen Wirklichkeit wußten die hybernischen Eingeweihten zu leben. War es doch in einer Weihestätte Hybernias so, daß - während in der physischen Welt drüben in Asien das Mysterium von Golgatha in unserer physischen Wirklichkeit sich abspielte - die Hohepriesterschaft Hybernias die Kulthandlungen dahin zuspitzte, daß in derselben Zeit, in der in Palästina vor sich ging in äußerer physischer Realität das Mysterium von Golgatha, drüben in der Weihestätte Irlands das Mysterium von Golgatha als Kulthandlung gleichzeitig gefeiert wurde. Das heißt, es wurde in Hybernia über die Erde herüber eine physische Tatsache als geistige an einem anderen Erdenorte erlebt. Das soll Ihnen eben andeuten, zu welcher Tiefe gerade diese hybernischen Mysterien eigentlich führten.
3d [...] in einem Leben zwischen Tod und neuer Geburt dasjenige durch, was man erlebt, wenn man durch eine Saturnverarbeitung des Karma geht. Da wurde die ganze Bedeutung der Seelenerrungenschaften, die erlangt werden konnten in einer hybernischen Initiation - nicht in der höchsten, aber in einer Initiation doch bis zu einem gewissen Grade -, rückwärts geschaut in einer nach dem universellen Geschehen gehenden Perspektive. Die ganze Bedeutung desjenigen, was man in Hybernia lernen, konnte, wurde gesehen in seiner Stellung gegenüber dem ganzen vergangenen Wirken der Menschenwesenheit. Wie sich dieses Hybernia aus menschlichen Sehnsuchten von Jahrhunderten, von Jahrtausenden allmählich entwickelt hat, wurde da erarbeitet in einer großartigen kosmischen Rückschau.
Breslau, 10.Jun.1924 ♄ (aus «GA 239»; S.179ff)
4 Nun ist es gerade in irischen Mysterien etwas Eigentümliches, daß sich ein lebensnotwendiges Band ergibt zwischen dem Schüler und dem Lehrer. Diese können sich nicht wieder trennen, wenigstens nicht durch gewisse Inkarnationen. Da wird ein karmisches Band gebunden, man kann sich nicht wieder trennen.
Breslau, 11.Jun.1924 ☽ (aus «GA 239»; S.240)
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit123900063.htm