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Zitatensammlung
Teil 1
Zitat von Rudolf STEINER zum
MENSCHEN ALS SONNENWESEN
1 Wenn man dies verstehen will, muß man sich eigentlich mit der Art und Weise bekanntmachen, wie in jener Zeit über das Verhältnis der Erde zur Sonne beziehungsweise des irdischen Menschen zur Sonne gedacht wurde. Und wenn ich Ihnen die Anschauung über dieses Verhältnis charakterisieren soll, so muß ich im Grunde wiederum in Imaginationen reden, denn diese Dinge lassen sich nicht in abstrakte Begriffe bannen. Das eigentliche Zeitalter der abstrakten Begriffe hat ja erst später begonnen, und die abstrakten Begriffe sind weit davon entfernt, die Wirklichkeit zu umspannen, und so muß schon in Imaginationen dargestellt werden.
2 Die Sonne, sie ist eigentlich - nachdem sie sich in der Art, wie ich das in meiner «Geheimwissenschaft» dargestellt habe, von der Erde getrennt hat oder die Erde von sich abgetrennt hat -, sie ist eigentlich doch, da der Mensch seit dem Saturndasein mit dem gesamten Planetensystem einschließlich der Sonne verbunden war, die Ursprungsstätte des Menschen. Der Mensch hat nicht seine Heimat auf der Erde, sondern der Mensch hat einen vorübergehenden Aufenthalt auf der Erde. Er ist in Wirklichkeit nach jener alten Anschauung ein Sonnenwesen. Er ist in seinem ganzen Sein mit der Sonne verbunden. Da er dieses ist, sollte er eigentlich als Sonnenwesen anders auf der Erde dastehen, als wie er ist. Er sollte so auf der Erde dastehen, daß die Erde ihrem Drange genügen könnte, aus dem mineralischen und dem pflanzlichen Reiche heraus den Samen des Menschen in ätherischer Form hervorzubringen, und der Sonnenstrahl sollte dann diesen von der Erde hervorgebrachten Samen befruchten. Und daraus sollte die ätherische Menschengestalt erscheinen, die erst durch dasjenige, was sie als eigenes, von sich selbst aus begründetes Verhältnis zu den physischen Erdenstoffen macht, die physische Erdenstofflichkeit annehmen sollte. Also es war etwa von den Zeitgenossen des Agrippa von Nettesheim - Agrippa hatte leider schon etwas von Trübung in seiner Erkenntnis -, aber von seinen besseren Zeitgenossen war eigentlich gedacht worden, daß der Mensch nicht so, wie es nun einmal ist auf der Erde, irdisch geboren werden sollte, sondern daß der Mensch in seinem ätherischen Leibe durch das Zusammenwirken von Sonne und Erde zustande kommen sollte und sich seine irdische Gestalt, wandelnd als ätherische Wesenheit auf der Erde, erst geben sollte. Gewissermaßen in pflanzlicher Reinheit sollten erwachsen auf der Erde die Menschensamen, ätherisch da und dort auftretend als dunkel funkelnde Erdenfrüchte, dann überglänzt werden von dem Lichte der Sonne in bestimmter Jahreszeit, und durch jenes Überglänzen ätherisch Gestalt annehmend in menschlicher Art. Denn nicht aus dem Leibe der Mutter, sondern aus der Erde und dem, was auf ihr ist, sollte der Mensch selber heranziehen dasjenige, was er an physischer Substanz aus dem Erdenbereiche sich einverleiben sollte. So dachte man, wäre es eigentlich im Sinne der Weltengeistigkeit gewesen, daß der Mensch die Erde betritt.
3 Und dasjenige, was später gekommen ist, ist dadurch gekommen, daß der Mensch einen zu tiefen Drang, eine zu intensive Begierde in sich hat erwachen lassen zu dem Irdisch-Stofflichen. Dadurch ist er verlustig geworden seines Zusammenhanges mit Sonne und Kosmos, und er konnte auf der Erde nur in Form der Vererbungsströmung sein Dasein finden. Dadurch aber hat gewissermaßen der Dämon der Erde seine Arbeit begonnen, denn mit Menschen, die sonnengeboren wären, hätte sich der Dämon des Irdischen nicht beschäftigen können. Dann aber, wenn der Mensch also die Erde betreten hätte, dann wäre er wirklich die vierte Hierarchie. Da würde stets, wenn über den Menschen geredet würde, so geredet werden müssen, daß man sagte: Erste Hierarchie - Seraphim, Cherubim, Throne; dann zweite Hierarchie - Exusiai, Dynamis, Kyriotetes; dritte Hierarchie - Angeloi, Archangeloi, Archai; vierte Hierarchie - der Mensch, in drei Abstufungen des Menschlichen, aber eben eine vierte Hierarchie. Dadurch aber, daß der Mensch nach dem Physischen hin seinen starken Drang geltend gemacht hat, dadurch wurde er nicht das Wesen auf der untersten Sprosse der Hierarchien, sondern das Wesen an der Spitze, auf der höchsten Sprosse der irdischen Naturreiche: Mineralreich, Pflanzenreich, Tierreich, Menschenreich. So hat man die Stellung des Menschen damals angesehen.
4 Dadurch aber, daß der Mensch seine Aufgabe auf der Erde nicht gefunden hat, dadurch hat die Erde auch nicht ihre würdige Stellung im Kosmos. Denn es ist ja eigentlich dadurch, daß der Mensch gefallen ist, der eigentliche Regent der Erde nicht da. Was ist nun gekommen? Der eigentliche Regent der Erde fehlt, und notwendig wurde, daß die Erde in ihrer Stellung im Kosmos nicht von sich aus regiert wurde, sondern regiert wurde von der Sonne aus, so daß der Sonne die Aufgaben zugefallen sind, die eigentlich auf Erden verrichtet werden sollen. Also es sah der mittelalterliche Mensch zur Sonne hinauf und sagte: In der Sonne sind gewisse Intelligenzen. Sie bestimmen die Bewegung der Erde im Kosmos, sie regeln, was auf der Erde selber geschieht. Der Mensch sollte es tun. Die Sonnenkräfte sollten auf der Erde durch den Menschen für das Dasein der Erde wirken. - Dadurch entstand jene bedeutsame Vorstellung des mittelalterlichen Menschen, die eingeschlossen ist in die Worte: Die Sonne, der unrechtmäßige Fürst dieser Welt.
5 Und jetzt bedenken Sie, meine lieben Freunde, wie unendlich vertieft für diesen mittelalterlichen Menschen gerade durch solche Vorstellungen der Christus-Impuls wurde. Der Christus wurde zu dem Geiste, der auf der Sonne seine weitere Aufgabe nicht finden wollte, der nicht bleiben wollte unter denjenigen, die von außen her unrechtmäßig die Erde dirigieren. Er wollte seinen Weg von der Sonne zur Erde finden, einziehen in Menschengeschick und Erdengeschick, wandeln durch die Erdenereignisse und durch die Erdenentwickelung in Menschengeschick und Erdengeschick. Damit war für den mittelalterlichen Menschen der Christus die einzige Wesenheit, die im Kosmos die Aufgabe des Menschen auf Erden gerettet hat. Und nun haben Sie den Zusammenhang. Denn nun können Sie wissen, warum in der Rosenkreuzerzeit dem Schüler immer wieder eingeschärft wurde: O Mensch, du bist ja nicht das, was du bist. Der Christus mußte kommen, um dir deine Aufgabe abzunehmen, um für dich deine Aufgabe zu verrichten.
Dornach, 11.Jan.1924 ♀ (aus «GA 233a»; S.58ff)
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit123310058.htm