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Zitatensammlung
Teil 2
Zitat von Günter RÖSCHERT zum
AXIOM
1 Seit David Hilbert⁵³ werden Axiome als willkürliche Annahmen erachtet, durch welche ein formales System gedanklicher Konstruktionsmöglichkeiten seine Grundlage erhält. Diese Auffassung von den Axiomen hat sich von einstmals herrschenden Auffassungen Platons weit entfernt. Nach den Darlegungen im 7. und 8. Buch der «Politeia» sind die Grundannahmen Tore in die überhimmlische Welt hinein, wo die ewigen Ideen ihren Ort haben. Nur insofern sie der Sinneswelt zugewandt bleiben, erscheinen die Axiome noch äußerer Veranschaulichung fähig.⁵⁴ Ihre eigentliche Wesenheit ist Gegenstand der reinen, inneren Anschauung, die sich zum Ideenreich selbst erhoben hat.
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2 Der Kosmos der Geometrie läßt sich von einer Seite her genetisch rekonstruieren durch die sukzessive Hereinnahme der Axiomengruppen. Für die ursprünglichsten Beziehungen zwischen den Grundelementen Punkt, Gerade, Ebene spielt es keine Rolle, ob es sich um räumlich lokalisierbare Entitäten handelt oder um solche, die noch unoffenbar in einer Bewegungsvorform ihrer Existenz sich befinden (imaginäre Elemente). Der Heraustritt in den gestalteten Raum ist gekennzeichnet durch das Eingreifen der sogenannten Anordnungsaxiome, zu welchen das Stetigkeitsaxiom gehört. Die übrigen Axiome der Anordnung definieren Richtungssinn, Zwischenlage, Bestand und Dichte innerhalb von Punkt-, Geraden- oder Elementmengen.
3 Es ist vom Raum als Idee, nicht von einem irgendwie vorgestellten physikalischen Raum die Rede. Die Axiome fassen wir auf als Ordnungsimpulse geistig tatsächlicher Art⁵⁸, und wir bewegen uns damit im Gebiet dessen, was Rudolf Steiner die Weltgedanken genannt hat.
4 Die geschilderten Verhältnisse, die unterschiedlichen Qualitäten der Axiome als Wirkzusammenhänge, lassen sich aufnehmen in die geisteswissenschaftlich-anthroposophische Einsicht in den Stufenbau der realen Welt, wodurch eine als Ausblick zu nehmende Steigerung sich ergibt.
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53 David Hilbert: Grundlagen der Geometrie, Stuttgart ¹°1968.
54 Vgl. hierzu Platons Bemerkung im Dialog Euthydemos 290c.
58 Für eine nähere Beschäftigung mit den Urphänomenen der Geometrie ist neben den Schriften L. Locher-Ernsts noch das ältere Buch von George Adams: Strahlende Weltgestaltung, Dornach ²1965, zu erwähnen.
S.82f
aus «Ethik und Mathematik»
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWzit026990031.htm