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Zitatensammlung
Teil 3: Lexikon
Fili
Fili waren die Gelehrten unter den Druiden. Sie pflegten die filidecht, dh. die Überlieferung dank Dichtung und traditionellen Lernen, aber auch die Erkenntnis und die Prophetie. Ursprünglich gehörte wohl auch auch die Rechtsprechung dazu. «Cormacs Glossar» nennt Brigit deren Schutzherrin.
Der file war sakrosankt. Zu seinen Vorrechten gehörte die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit, wodurch er dazu beitrug, bis tief ins christliche Zeitalter das keltische Weltbild mit der dazugehörigen Mythologie zu erhalten. Er konnte im Sinne einer Zensur den privilegierten Schichten Benehmen, Freigebigkeit und Wahrhaftigkeit abverlangen - leider konnte sich ein solcher auch zu einem Tyrannen auswachsen, der seine Umgebung mit unvernünftigen oder übersteigerten Forderungen schädigte oder gar zugrunde richtete. Das Amt wurde in der Regel innerhalb einer Familie vererbt, doch erforderte es eine bis zu zwölf Jahre dauernde Ausbildung, um all die Hunderte Epen, Erzählungen, Ortsnamensbedeutungen und Sprüche auswendig zu lernen. Dabei konnten verschiedene Grade mit gesetzlich festgelegten Befugnissen, Rechten und Pflichten erworben werden. So war ein Barde zunächst nur ein Vortragender von Gedichten unter Musikbegleitung, ein ollam hingegen war einem König gleichgestellt.
Alles Wissen entstammte letztlich der „Anderswelt”, welche die fili durch Riten und schamanistische Praktiken zu schauen wussten. Das genau formulierte und gesetzte Wort konnte es im Irdischen wirksam werden lassen. Allerdings entstand das aufrüttelndste Gedicht meist ex tempore (vgl. Improvisation), weil es göttlicher Inspiration zugeschrieben wurde. Dichtung, überhaupt das Erzählgut, diente wie in Indien nicht bloß zur Unterhaltung; die darin innewohnenden spirituellen Kräfte wirkten sich positiv auf die Zuhörer aus. Das in winterlich enger Gemeinschaft geübte Erzählen und Vortragen ersetzte geradezu die sommerlichen Lebenskräfte (siehe «Frederick»).
Besonders durch die Christianisierung verwischten sich die Abgrenzungen: Fili übernahmen Druidenaufgaben und gaben andere ab. Mehr und mehr wurden sie zu Beratern des Königs, welcher, wie jeder Adlige auch, von ihren Lobgedichten oder Satiren abhing. Nicht selten wurden aus fili christliche Heilige. Ihre Schulen bestanden als Stätten keltischer Überlieferung neben den Klosterschulen. Columcille und Columban waren nicht die einzigen, die sowohl in filidecht als auch in Theologie ausgebildet wurden. Der erstere hatte sogar bei der Zusammenkunft von Drum Ceatt die Ränge der fili vor der Abschaffung bewahrt. So blieben sie weiterhin die eigentlichen Hüter der altirischen Kultur, obschon sie sich unter den verschiedenen Kolonialherren immer weiter ins Bäuerliche flüchten mussten, da sie als Träger einer nationalen Identität gehetzt und verfolgt wurden. Der letzte Nachfolger des file ist der heute beinahe aussterbende shanachie (~ Geschichtenerzähler, oft erblich), der dafür sorgt, dass sich die keltische Mythologie wenigstens in der Volksüberlieferung bruchstückhaft hinüberretten konnte (vgl. Fiona MacLeod).
nach «Lexikon der keltischen Mythologie»
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWlex007200120a.htm