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Vortragssammlung
Teil 2
Impulsvortrag von unserem Referenten
ERDE und LIEBE
gehalten in Ottenstein, am 13.Aug.2015/JU
[dank DI Rudolf Sedlaczek, der diesen Vortrag aufgezeichnet hat]
1|00:00]
Willkommen zum fünfzehnten Sommerseminar. Ich heisse alle fünfzehn hier herzlich willkommen!
2|00:11]
An sich war die Vorbereitung für dieses Seminar, das Sich-langsam-Hineinleben in die letzten Monate, ein richtiges Gegenmoment, eine gedankliche und auch gefühlsmässige Gegenbewegung zu dem, was da medial, im öffentlichen Kontext hereingeschwappt ist, auf mich zugeschwappt ist. Ob wir Stichworte nehmen wie Griechenland, Syrien, Mittelmeer und so weiter und so fort, es war zwar viel von Erde und Erdenzusammenhängen, noch mehr von Menschen und Menschenzusammenhängen die Rede, von Liebe eher nicht. Im Gegenteil, es war die Rede von Verzweiflung.
3|00:58]
Nicht die Rede war aber, unterschwellig zu spüren war der wechselseitige Vorwurf des Hasses. Das Wort Hetze feiert also Triumphe, dies vor allem in der österreichischen und süddeutschen Presse: dieser sei ein Hetzer, jene sei eine Hetzerin. Und zwischen Hass und Hetzen ist ja eine innige Beziehung. Der Umgang der Menschen mit der Natur, soweit das berichtet worden ist, hat auch wenig von Liebe berichtet. Das heisst, der öffentliche Diskurs - und das ist nicht das, was wirklich geschieht, sondern das, worüber geredet wird im öffentlichen Raum, dieser öffentliche Diskurs lässt die Liebe vermissen, und stattdessen stellt [lässt] er ja in kitschiger Weise irgendwelche Liebessurrogate im Musikalischen, im Theatralischen, im Bildnerischen und so weiter auftanzen.
4|01:58]
Überall dieses grosse Missverständnis, auf das nicht erst Rudolf Steiner hingewiesen hat, aber er auf neue Weise zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts auch wieder, dass die Selbstliebe mit der Liebe verwechselt wird und dass die Selbstliebe eigentlich eine sehr niedere, verengte, einseitige Form der Liebe ist! Aber immerhin, es ist ein Teil der Liebe.
5|02:27]
Man könnte also ohne weiteres [sagen] - und das ist mir auch bei der Vorbereitung nach und nach entgegengekommen -: All dieses Dunkle, verborgen Wirksame des negativen Diskurses in der Öffentlichkeit - egal, welcher Thematik man sich gerade angenommen hat - [ist] durchaus auch wiederum etwas, was einen auf die damit nicht ausgedrückten Liebeszusammenhänge verweisen kann, ganz im alten Bilde, dass wenn ein Schatten besonders gross ist, muss das Licht, das durch diesen Schatten negativ dargestellt wird, auch entsprechend gross sein, egal ob über dieses Licht dann genauso berichtet wird wie über den Schatten.
6|03:16]
Und wenn ich mich auf die Suche begebe - ich sag' das jetzt in der, aktuell in der Präsensform, in der Gegenwartsform -, wenn ich mich auf die Suche begebe nach diesem aktuellen Licht: wie schaut denn das aus mit dem Licht, das heute der Menschheit scheint? Und das in so mannigfaltigen, grossen, bizarren Schatten auf uns zunächst wirkt, ganz im Sinne auch des platonischen Höhlengleichnisses, wo Menschen in einer Höhle sitzen, und es fällt durch einen Spalt Licht herein, und an den Schatten, die sie an der Wand sehen, machen sie sich ein Bild von der Welt draussen. So hat Platon den philosophisch unmündigen Menschen in seinem Bild dargestellt. Und im Sinne dieses Höhlengleichnisses könnten wir sagen: wenn ich nun nicht unmündig dasitze, sondern mir überlege: ja diese Schatten drücken ja etwas aus, dahinten geschieht ja etwas, worüber mir die Schatten schattenhaft Ausdruck verleihen, Auskunft geben. Wenn ich so nur zu fragen beginne, schon wendet sich mein Blick, vielleicht nicht direkt dem Höhlenschlitz zu, weil ich das Licht möglicherweise nicht ertragen würde mit den nicht angepassten Augen, aber ich wende mich ein Stück weg von den eigentlichen Schatten auf die Hintergründe, auf die Wirkungsweisen, die dahinter stecken. Und wieder die Frage: was ist das für ein Licht, das hier durchbricht und wo allerhand im Wege steht diesem Licht, sodass eben die Schatten entstehen?
7|04:52]
Natürlich, wenn wir von der Menschheit reden - und das müssen wir in diesem Zusammenhang -, ist es eine schwierige Sache, wenn man unweigerlich einen irgendwie gearteten Kultur-Zentralbegriff hereinnimmt, wenn man sich auf eine Position stellt, die aus dem Mitteleuropäischen, aus dem US-Amerikanischen, aus dem Chinesischen, aus dem Japanischen und so weiter heraus die Welt beurteilen will, und somit unweigerlich die eigenen Beschränkungen hineinträgt in das Urteil. Ganz verhindern lässt sich das ja gar nicht. Aber bis zu einem gewissen Grade ist es unerlässlich, sich erst einmal, wenn man nach der Menschheit fragt, aus dem eigenen konkreten kulturellen Menschheitszusammenhang herauszunehmen. Denn in diesem konkreten, sagen wir jetzt einmal mitteleuropäischen Zusammenhang, wir können auch sagen: im mitteleuropäischen Diskurs, gibt es gewisse „Das dürfen wir denken”-Sätze, „Das ist erlaubt, das ist gut, das ist richtig!”, mit einer bestimmten Variationsbandbreite, und wir haben ebenso Sachen: „Das darfst du auf keinen Fall denken, das ist pfui, das ist verboten, das werden wir sogar verfolgen, wenn du dich so äusserst!” und so weiter auf der anderen Seite, auch hier eine gewisse Variantenbreite, wenn wir es nicht auf Deutschland und Österreich beschränken, sondern zum Beispiel die Schweiz dazunehmen, Ostfrankreich, Westslowakei, Norditalien, also wirklich Mitteleuropa, Böhmen nicht zu vergessen, das heutige Tschechien -
8|06:23]
Wenn wir wirklich Mitteleuropa als solches betrachten, so haben wir doch einen gewissen Zusammenhang, einen Rahmen, innerhalb dessen wir uns gedanklich bewegen können, und dieser Rahmen wird dann begrenzt durch eigentlich sachfremde Denkerlaubnisse und Denkverbote. Das ist schon mal etwas, was dem Menschen zuwiderläuft. So sehr ich mir selbst jederzeit sagen kann: „Diesen Gedanken will ich nicht denken! Jenen Gedanken, den will ich ausgestalten.”, so wenig darf das mehr dem freien Menschen von aussen kommen. Ich darf mir nicht mehr sagen lassen von welcher Instanz auch immer: das darf ich denken und jenes darf ich nicht denken! So ist es recht und so ist unrecht! Aus dem einfachen Grund, weil ich mir selbst über die Herkunft von Recht und Unrecht, gut und schlecht, richtig und falsch Rechenschaft ablegen muss, wenn ich frei denken will.
9|07:39]
Wenn ich das wieder am Begriff „Liebe” festmache - und wir wissen, wieviel groteske Verzerrungen unter diesem Begriff im landläufigen Diskurs laufen, immer wieder beschworen werden, und zwar in beiden Richtungen, sowohl ins Luzferische hinein verzerrt, als auch ins Ahrimanische hinein verlogen und verdreht -, so ist die erste Frage doch nicht: was darf ich mir unter Liebe vorstellen und was nicht?, sondern: wie begegnet mir selbst dieses etwas, was wir so leichthin Liebe nennen?
10|08:20]
Und da kommen wir eben darauf, wenn wir möglichst dem Phänomen nachspüren, also nicht unsren Bedürfnissen, nicht [dem] was gesagt wird, nicht was gezeigt wird, bebildert wird, mit filmischem Material, und so weiter, sondern wenn ich dem, fast möcht'ich sagen: Urphänomen im goetheschen Sinne der Liebe nachspüren möchte, dann stosse ich unweigerlich auf die Wärme. Begriffspaare wie „kalte Liebe”, das mag's vielleicht im Eisgeschäft geben als Produktbeschreibung. Aber dieses Begriffspaar ist störend falsch! Es passt in keinster Weise, so wenig wie „ätzende Liebe” oder „saure Liebe”. Man könnte fürs Kabarett, für die Satire solche Begriffe zusammenrühren, um die Menschen zum Lachen zu bringen. Aber wir spüren sofort: mit Liebe hat das nicht das Geringste zu tun. Auch „Liebeseis” wäre für uns ein komplett fehlgeleiteter Begriff. Wenn nicht in den Begleitbegriffen, [im] Eigenschaftswort, irgendeine Wärmequalität wenigstens versteckt anklingt, passt die entsprechende Eigenschaft nicht zum Wort „Liebe”.
11|09:38]
Und auch umgekehrt wird es nicht gehen, wenn wir die Gegenprobe machen, etwa das Wort „liebevoll” als Eigenschaftswort einsetzen, und dann sprechen wir vielleicht von einer „liebevollen Edelstahlstruktur” oder einem „liebevollen Eisberg, der zart den Rumpf des Schiffes rammt”, dann merken wir sofort: auch hier ist uns zum Lachen oder in manchen Punkten auch zum Kopfschütteln, aber sicher werden wir nicht sagen: doch, das passt zusammen, „liebevoll” und „kalt”, „liebevoll” und „hart”, „liebevoll” und „von der Wärme nicht erreichbar in irgendeiner Weise”!
12|10:17]
Eine andre, sehr interessante Frage ist - wenn ich so am Anfang des Seminars abspüren darf - ist die Frage: Kann es so etwas wie eine heisse Liebe geben? Oder gar eine zu heisse, eine überhitzte Liebe geben? Natürlich kann es Liebe geben, die mir zuviel ist, die ich noch nicht ertrage, so wie es Licht geben kann, das meine Augen noch nicht aushalten - ich sage bewusst: noch nicht. Und das kann dann im Konkreten von mir als zu hell, zu heiss empfunden werden. Aber von mir weggenommen rein ins Begriffliche kann „Liebe” wohl jede Nuancierung des Warmens - als Zeitwort jetzt genommen: das Warmen -, des Warmens vertragen, nicht aber ein „zuviel” oder „zuwenig”.
13|11:11]
Schon merken wir, eines ist, eine wesentliche Qualität der Liebe ist: das Allesdurchdringende und Allesumfassende. Es ist der Liebe fremd, auszuschliessen, zu exkludieren. Es kann passieren, dass sich etwas oder jemand einer Liebe verschliesst, sodass die Liebe nicht eindringen kann, nicht heranbranden kann an etwas oder jemanden. Aber es kann nichts geben im ganzen Kosmos, wo die Liebe ausweicht, um es nicht durchdringen zu müssen, um es nicht berühren zu müssen, so wenig wie beim Licht. Es wird nichts geben, wo das Licht, der Lichtstrahl einen Umweg macht aus sich heraus, nicht genötigt durch ein Magnetfeld, sondern aus sich heraus einen Umweg macht, um nicht berühren zu müssen irgendetwas oder irgendjemanden.
14|12:14]
Wir haben zwar in manchen literarischen Ergüssen auch der deutschen Sprache, auch [aus] der französischen Sprache kenn'ich das, solche Sätze wie „Die Sonne mochte nicht scheinen über diesem Ereignis.” oder „Eine Zumutung war sein schieres Dasein im Lichte der Sonne.” Aber das sind überdrehte Formulierungen, die dem Licht der Sonne nicht gerecht werden. Denn diesem Licht der Sonne gilt es völlig gleich, ob es den Guten oder den Schlechten bescheint. Und das wissen nicht erst wir, das wussten schon solche Geistes- und vor allem Seelengrössen wie Franziskus von Assisi in seinem Sonnengesang. Und schon in der Antike kennt man immer wieder die Formulierung im Poetischen, aber auch im Philosophischen, dass ein Gedanke so klar sein müsse wie das Licht der Sonne, sodass er jedem zugänglich wäre, wenn sich jemand nur öffnen wolle diesem Gedanken, so wie das Sonnenlicht jedem zugänglich ist, der sich diesem Sonnenlicht nur stellen mag.
15|13:20]
Na ja gut, wir haben die letzten Tage erlebt, dass wir uns manchmal nicht stellen wollten dem Sonnenlicht, vor allem nicht den Sonnenstrahlen in ihrer Wärme, dass wir lieber in den Schatten gegangen sind. Das steht uns frei. Aber von der Sonne aus besteht nicht der geringste, nicht der geringste Widerstand dagegen, uns zu bescheinen, uns zu wärmen, auch wenn uns dabei das Blut zu kochen beginnt.
16|13:47]
Also wir haben zunächst einmal dieses Unbedingte der Liebe, das wir aus dem praktischen Erleben heraus erfahren können, indem wir einfach nach und nach ausschliessen, was nicht zur Liebe gehört. Dann merken wir, es ist wirklich unbedingt - es gibt keine Bedingung, die erfüllt sein müsste, damit die Liebe aus sich heraus wirksam wird. Es gibt lediglich die Bedingung, sich der Liebe zu stellen, wenn ich für mich von ihr erfasst werden will! Aber das hat mit der Liebe nichts zu tun, das hat mit mir etwas zu tun.
17|14:22]
Eine der unseligsten Formulierungen gerade des modernen Menschen ist: „Ich werde nicht geliebt.” oder „zuwenig” und so weiter. Das ist vom Ansatz her falsch. Aber so ein Mensch könnte sagen: „Ich finde nicht den rechten Weg, mich der Liebe zu stellen.”, ganz praktisch gesprochen: „Ich finde nicht die Menschen, die mich schon lieben und die mich erkennen würden aufgrund ihrer Liebe, wenn ich ihnen nur begegnete!” Das kann ich sagen. Das sind Bedingungen, die aus meinem Menschsein heraus kommen. Aber „Für mich gibt es keine Liebe.” ist nichteinmal eine falsche Formulierung, sie ist einfach absurd. Das ist eine absurde Formulierung, von sich zu behaupten, man habe keinen Anspruch auf Liebe, es gäbe keine Liebe für einen oder die Liebe habe einen vergessen, wie ich aus irgendeinem Gedicht mich erinnere, gelesen zu haben. Also das meint diese Unbedingtheit der Liebe, und was immer sich ihr stellt, wird von ihr ergriffen und so weit durchdrungen, als das der Liebe möglich ist.
18|15:37]
Ein moderner Mensch hat einmal das Bild gebracht von den Neutrinos, schier masselose Teilchen. Früher hat man gemeint masselos, aber heute weiss man, eine Restmasse haben sie, aber sie sind schier masselos und dringen, in Myriaden von den Sternen und von der Sonne ausgeschleudert, durch alles und jedes durch, ich weiss nicht [von] wieviel Milliarden ein Quadratzentimeter unsrer Handfläche ununterbrochen durchströmt wird, von diesen Neutrinos. Und so sei in etwa die Liebe. Niemand und nichts könne sich ihr entziehen, sie ströme durch alles durch. Das genau ist falsch! Das wäre eine zwingende Beschreibung der Liebe und damit eindeutig ahrimanisch, ahrimanischen Charakters. Selbstverständlich habe ich die Möglichkeit, mich der Liebe, einer bestimmten Form der Liebe zu verweigern, sie nicht zuzulassen. Nicht nur habe ich die Möglichkeit, sie steht mir auch zu. Das ist eine Bedingung dafür, dass wir Freiheit entwickeln können.
19|16:44]
Ganz anders ist es nun für den Planeten Erde. Der Planet Erde, aus sich heraus, ist voll in der Notwendigkeit, der Notwendigkeit einer planetarischen Entwicklung, ausgeliefert, wie Steiner selber in einem Zusammenhang einmal sagte, einem Experiment der Götter, ausgeliefert dem Freiheitsstreben einer eigenen Gruppe von geistigen Wesen, die sich anschickt, zu einer eigenen Hierarchie zu werden, nämlich zur Hierarchie der Freiheit und der Liebe; und die Erde war notwendigerweise dazu bestimmt, den Entwicklungsplatz, den Entwicklungsraum, den planetarischen Entwicklungszustand für genau dieses Experiment abzugeben.
20|17:40]
Für die Erde ist zunächst die Liebe eine Notwendigkeit. Die Erde selbst stellt sich dem Licht entgegen und wirft einen Schatten und verarbeitet dieses Gegenseitige, diesen scharfen Antagonismus ihrer beleuchteten Seite und ihrer Schattenseite, ihrer Tagseite, ihrer Nachtseite, verarbeitet ihn durch Rotation, durch gleichmässiges, durch ungefähr vierundzwanzig Stunden gehendes Präsentieren alles und jedes ihrer Oberfläche einmal dem Licht und einmal dem Schatten. Gut, es hat dann noch die Spezialität mit den nordischen Tagen und nordischen Nächten; die lassen wir jetzt einmal weg der Einfachheit halber. Aber wir haben dieses wunderbare Geschehen, dass die Erde durch simple, könnte man sagen, simple Rotation diesen gewaltigen Ausgleich schafft zwischen Licht und Schatten und damit zwischen heisser Wärme [und] tiefer Nichtwärme, Kälte. Denn die Nachtseite tief hinter der Erde geht bis minus zweihundertfünfzig, zweihundertsechzig Grad unsrer Celsius-Rechnung, und weit draussen an der Tagseite der Erde jenseits der Atmosphäre sind wir bei dreihundertfünfzig, vierhundert je nachdem sogar vierhundertfünfzig Grad unsrer Celsius-Rechnung. Ich rede von der Erdenperipherie etwa grob tausend Kilometer vom Meeresspiegel in der Höhe.
21|19:24]
Viel tiefer unten, je tiefer wir zum Meeresspiegel uns aber senken, kommt jetzt die ungemeine Wohltat der irdischen Atmosphäre, die nun noch in einem weiteren Verlauf, durch die Rotation zu Strömungen angeregt, Wärme und Licht verteilt, sodass wir bis in die tiefsten Dunkelheiten der Mitternacht noch Restlicht der Sonne aufzeichnen können mit feinsten Photodetektoren, die [das] von der Atmosphäre herumgetragen werden [wird] und weitergewirbelt werden [wird], sodass keine Stelle der Erde absolut dunkel ist. Anders beim Mond. Die Nachtseite des Mondes, die ist absolut dunkel und finster, und über ihr leuchtet dafür umso erhabener und reiner und ohne jedes Funkeln die Sternenwelt. Ein völlig andrer Nachthimmel, als wir das je auf der Erde erleben können. Aber auf der Erde wird verwirbelt, verteilt, austariert, auch wenn uns im Konkreten irgendwo Wind und Wetter einen Strich durch die Rechnung machen, etwa der Hagel den Garten zerstört, oder die Hitze uns stöhnen macht und unsre Alten und Schwachen in schwerste Nöte bringen kann; trotzdem ist die Erde als Ganzes gesehen notwendigerweise ein Verteiler der Wärme. Und somit aber auch ein Verteile[r] dessen, was wir kosmische Liebe nennen können, die sich eben in Licht und Wärme äussert.
22|21:05]
Also im Gegensatz zu dem, was ich vom Menschen beschrieben habe, der sich zu einer gewissen Freiheit durchringt und sich nun der Liebe, dem Licht, der Wärme stellen kann in einem bestimmten Masse, mehr oder weniger, in einem individuellen Masse, und dem gegenüber die Erde, für die das alles notwendig ist. Da ist kein Gran Freiheit dabei. Und da sind wir auch noch froh drum, weil wenn die Erde Freiheitsgrade hätte, in nur in ihrer atmosphärischen Gestaltung, geschweige denn in ihrer Rotationsgeschwindigkeit, kämen wir in der Art, wie wir zu leben gewohnt sind, in unüberwindliche Schwierigkeiten.
23|21:52]
Also, wenn wir das Thema „Erde und Liebe” zusammenstellen, können wir ohne weiters auch zusammenstellen in Unterton, oder in Oberton, wenn wir das musikalisch noch besser fassen wollen: Notwendigkeit und Freiheit. So könnte man sagen, als Kurzformel, der Auftrag des planetarischen Entwicklungszustandes Erde lässt sich formulieren als „die Notwendigkeit zur Freiheit wandeln”, „die Erde zur Liebe wandeln”. Für eine Meditation würde das völlig reichen. Ich könnte hier meinen Impulsvortrag beschliessen. Da wir aber ein Gesprächsseminar vor uns haben mit Gruppenarbeit, bedarf es der Erläuterung.
24|22:51]
Besonders das zweite möchte ich ergreifen: wie kann denn die Erde zur Liebe werden? Setzt das voraus, dass sie nicht Liebe ist oder vielleicht sogar das Gegenteil der Liebe ist, und was ist das Gegenteil der Liebe? Auf eine sehr schöne Weise hat das Martin Buber ausgedrückt, „Du redest uns”, sagt er in seinem »Ich und Du«, „Du redest uns von der Liebe, als gäbe es den Hass nicht. Aber ist denn nicht der Hass der krasseste Gegensatz zur Liebe?” So lässt Buber rhetorisch einen Leser fragen oder ein Gegenüber fragen, und antwortet dann drauf: „Wie denn? Ist doch der Hass nur eine spezielle Abirrung der Liebe! Die Gleichgültigkeit ist es, die den vollkommenen Gegensatz zur Liebe bildet.” Das Nichtlieben ist nicht Hass, wütende Verfolgung, sondern Gleichgültigkeit, mit einem Fremdwort ausgedrückt Indolenz. Und die Indolenz ist sozusagen das Lieblose per se. Noch in der Intoleranz stecken Reste von verdrehter, pervertierter Liebe, ein Rest von Interesse, und erst in der Indolenz ist alles verfallen. Nichts mehr herrscht, es herrscht Gleichgültigkeit.
25|24:29]
Im übrigen weiss das auch die arabische Weisheit. Es gibt herrliche Zeilen von Rumi zur Gleichgültigkeit, blumig ausgeschmückt über ganze Seiten seines «Matnawi»-Epos, wo er schildert, wie am Basar irgendetwas passiert, eine Kleinigkeit, irgendeine Unstimmigkeit bei einem Handel, und das ganze Basargeschehen drumrum rauscht und strömt, und niemand und nichts nimmt wahr, dass hier zwei Menschen aneinander leiden, weil sie nicht einig werden können, weil meinetwegen irgendein kleiner Betrug vorliegt, eine Unstimmigkeit und so weiter. Und Rumi nimmt extra, meiner Erinnerung nach, ein ganz harmloses Beispiel, wo wir uns nicht aufhalten würden dabei, um zu zeigen, wie sie daherkommt, die Gleichgültigkeit, wie sie es nicht für not befindet, überhaupt zu erwachen an irgendeiner Kleinigkeit. Also wenn wir der Liebe die Nichtliebe gegenüberstellen wollen, rein philosophisch logisch, so können wir diese Nichtliebe Gleichgültigkeit nennen, und wären damit in der praktischen Philosophie, in der Philosophie, die nicht nur logisch exakt sein will, sondern die für das Leben etwas bieten will, Instrumente zur Bewältigung des Lebens. Und dazu wären das zunächst Instrumente zum Verstehen des Lebens Und das ist ein gewaltiger Gegensatz, der die gesamte Erdentwicklung begleitet bis zum Schluss, von Anfang an, dieser Gegensatz zwischen immer wieder anströmender, oder sagen wir ruhig: anklopfender, anbrausender Liebe einerseits und diesem entgegesetzt Gleichgültigkeit, Abrollen des stur Schicksalsmässigen andrerseits.
26|26:21]
Man könnte es auch am Wort „Mitleid” aufhängen, wie das Steiner tut, und hier den inneren Auftrag des Menschen zum Mitleiden auf der einen Seite darstellen und das Scheitern dieses Auftrags, weil die Mitleidlosigkeit triumphiert, also dieser Unterschied, den wir heute etwas abstrakter mit Empathie und Empathielosigkeit umschreiben, weil das Wort Mitleid schon sehr sehr stark strapaziert ist und richtigerweise der moderne Mensch sich weigert: „Wenn eh schon so viel Leid in der Welt ist, soll ich mich auch noch in Tränen krümmen? Ich weigere mich!”, wird der moderne Mensch ganz gesunderweise sagen. Und so ist dieses Wort Mitleid aus dem Mittelalter durch die Romantik allmählich ins zwanzigste Jahrhundert verzerrt worden zu einer Mitwehleidigkeit, die ja gar nicht gemeint ist. Und so haben wir allmählich, mein'ich, es war in den achtziger oder neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts das Wort „Empathie” genommen, um den einseitigen belastenden Aspekt des Mitleidens wegzunehmen. Aber wir wissen, wenn Empathie uns ergreift und wir das Schicksal eines andern Menschen oder einer Menschengruppe spüren, wenn es uns interessiert, wenn es uns berührt, dann tut das weh, dann ist ein Leiden dabei, umso mehr als ich nichts tun kann! Ich kann mich dieses Leidens dann nicht erwehren, indem ich was tu!
27|27:59]
Na, wenn da der hungernde Bettler sitzt und meine Empathie spricht an, nicht meine Klugheit und sagt: „Der ist importiert aus Rumänien undundund”, sondern meine Empathie springt an und ich kann ihn sättigen und er lässt sich sättigen, so kann ich mein Leid befrieden, ich kann es ruhigmachen durch meine Tätigkeit. Das ist nicht schlecht, das ist sozial ganz tüchtig und lobenswert! Aber glei[ch] an der nächsten Ecke kann ich schon wieder mitleiden, kann ich schon wieder das eben zugedrängte Leid, abgearbeitete Leid durch meine Mildtätigkeit, durch mein Samaritertum wieder frisch erblühen sehn. Und ich glaube, wir alle wissen: wenn ich mich wirklich empathisch für empathisch auf alles einlasse, irgendwann bin ich am Ende mit meinen Kräften, früher oder später.
28|28:49]
Und doch ist es so: nicht erst Steiner, sondern der gesamte Okkultismus vor ihm, soweit er sich irgendwie nicht ins Schwarzmagische verirrt, ist sich völlig einig, dass diese Fähigkeit des Mitgehens, des Mitleidens und aus dem Mitleid heraus schöpferisch Neues, Leidlösendes zu finden, dass das eine ur-menschliche Signatur ist, eine ur-menschliche Eigenschaft, und dass diese Fähigkeit, sich empathisch hinein zu begeben in ein Andres, die wir im streng geistesschulenden Sinne die Fähigkeit der Intuition nennen, dass diese Fähigkeit beim Menschen noch ganz am Anfang, in den Kinderschuhen steckt, aber doch steckt, vorhanden ist, geschult werden kann. Wenn wir nämlich zu diesem Mitleiden im alten Sinne, im romantischen Sinne, wenn der Romantiker, der Dichter, die Dichterin sich wehestens und tränenüberströmt beugt über das Leid eines Tieres, das von einem andren jetzt angebissen worden ist oder gefressen worden ist - spätromantische Auswirkungen wären zum Beispiel «Die Ziege des Monsieur Seguin» von Daudet im Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts und so weiter, wo also mit Akribie und innerer Anteilnahme das Schrecknis einer armen Ziege, die dann doch vom Wolf gefressen wird, beschrieben wird, und das seinerzeitige Publikum mit Landsehnsucht in den Städten zu Tränen gerührt hat - wenn wir das nicht einfach verachten, nicht einfach wegstecken und sagen: „Das ist dem freien Menschen nicht zuzumuten.”, sondern sagen: „Setzen wir doch dort an. Aber was fehlt dort?”
29|30:35]
Was dort fehlt ist nun Bewusstsein. Was uns fehlt im modernen Diskurs, Thema „Flüchtlinge”, Thema „Griechenland” - von schlimmeren Dingen red'ich ja gar nicht, wenn ich Richtung Syrien schau' oder andernorts meine Augen herumschweifen lasse -, was wir überall haben, ist jede Menge Berichterstattung, einseitig meistens - wir wissen nie was Ganzes, wird immer soviel Tote, soviel Lebende, diese Bombe, jenes Drama, diese Schulden, jener Trick und so weiter -, aber was völlig fehlt in der Berichterstattung, fehlen muss, weil es von mir kommen muss und nicht aus der Berichterstattung, ist Bewusstsein. Was geschieht hier? Und zwar nicht: „Was geschieht tatsächlich im Mittelmeer mit diesem Boot?”, sondern: „Was geschieht in mir, wo diese Meldung auf mich kommt, ganz egal, ob sie im Detail so stimmt oder nicht?”. Denn nicht das brauch'ich für das Mitleid: eine detaillierte, wahrhaftige, vor jedem Gericht der Welt bestehende Tatsachenschilderung - im Gegenteil, die wird mich eher ernüchtern! -, sondern es muss etwas drin sein, was mich berührt, was meine Empathie anregt. Und dann aber will ich bewusst wissen: was ist das? Welches Element menschlichen Leidens ist es, das mich durch dieses Bild, durch diese Schilderung, durch diese persönliche Erfahrung, die ja auch nicht objektiv ist, sondern subjektiv ist, meine persönliche Erfahrung, welches Bild kommt mir da herein?
30|32:05]
Und was regt es in mir an? Was trage ich in mir, dass mich das berührt und jenes nicht? Dass mich das arme Tier unsäglich kränkt, das geschlachtete, ob unter unsäglichen oder säglichen Bedingungen, damit ich zu essen habe - und deswegen ess'ich nur Pflanzen! Wieviel Leiden der Pflanzenwelt im Salatbeet entsteht, weil ich jeden Tag Zug um Zug einen von ihnen köpfe! Und der letzte Salat wird wissen: irgendwann bin auch ich dran als Salat, nicht das einzelne Häupl, aber das Salatwesen. Und wenn mich das dann auch noch kümmert, bin ich bei den Mineralien, bei irgendwelchen Pulvern, die ich mir noch gestatte zu essen, weil ich irgendwie überleben muss. Muss mir aber auch sagen: Umgotteswillen, das arme Pulver! Das könnte ja ganz anders noch in der Welt bestehen als Pulver, und jetzt ist's wiederum von mir vernichtet, damit ich meinen eigenen Leib ertragen kann und wiederaufbauen kann! So werden wir sehn, dass wir Schritt um Schritt ins Absurde geraten mit dem Mitleiden.
31|33:08]
Wenn ich hingegen frage, welche Wechselbeziehung besteht zwischen mir und dem Mineral, zwischen mir und der Pflanze, zwischen mir und dem Tier, wenn ich trinke und esse, dann wird die Frage konkret. Daran kann mein Bewusstsein erwachen. Und da kann dann eine Empathie, ja ein Mitleid erwachen, das den Namen „bewusst” durchaus verdient. Ich möchte betonen: bewusstes Mitleiden heisst nicht mehr leiden, schärfer leiden, krasser leiden! Vielmehr heisst es, mit dem Leiden umgehen zu können, nicht nur zu wissen, woher, sondern dann entscheiden, wohin mit diesem Leid.
32|33:59]
Dann können in mir Impulse wach werden, die zu schöpferischen Taten führen, die zu Ideen führen, wie dieses oder jenes Leid geändert werden kann, im kleinen durch mich, im grösseren durch mich und meine Mitmenschen, im ganz grossen durch die Menschheit; und ich kann diese Gedanken in die Welt hineintragen als meinen Beitrag zu dieser oder jener Problematik. Sie werden schon gemerkt haben: was ich hier beschreibe, ist angewandte Liebe. Und angewandte Liebe ist eben verwandelte Liebe. Zunächst erfährt man sie und dann wendet man sie an. Man könnte auch einfacher sagen: man erhält sie und schenkt sie weiter. Aber das geht nicht einfach ruckzuck, sondern das ist ein Prozess dieses Empfangen und in sich Verwirbeln - so könnte man die Bewegung nennen -, und aus diesem Wirbel wieder herausgreifend die Liebe neu Weiterreichen. Dazu bedarf es aber des Bewusstseins.
33|35:06]
Am Beispiel des Mitleidens hab'ich's etwas genauer beschrieben, denn die Liebe kommt nicht im allgemeinen daher. Und wir werden morgen sehn in den Arbeitsgruppen: wir haben sehr verschiedene Texte, die alle auf eine irgendeine bestimmte Weise, bildhaft oder ganz konkret benennend, um dieses Thema kreisen.
34|35:28]
Die Erde im Gesamtkontext erfährt ihre Liebe, das Mass der ihr zugeteilten Liebe durch die Sonne. Das Erdenwesen erfährt es durch das Sonnenwesen. Die physische Erde erfährt Licht und Wärme, wobei die Wärme ja schon und auch das Licht gar so physisch nicht sind, wie sie erscheinen, sondern hauptsächlich lebendiger, ätherischer Wirkungsnatur sind. Aber die Reste dieser Lebendigkeit - sofern unsre Augen und unsre Wärme- und Kälterezeptoren das erfahren können - können bis ins Physische diese Wirkung, Licht und Wärme, vermelden, registrieren.
35|36:13]
Für die Erde selbst ist es weniger die Wärme und das Licht - auch für die Erde sind das Auswirkungen und nicht Ursachen -, sondern es ist die Liebe, wie sie sich nun im Astralen äussert. „Wärme” und „Licht” sind Begriffe, die aus dem ätherischen Welt genommen sind, aus der Lebenswelt. Und im Astralen ist es eben das, was wir Liebe nennen, obwohl Rudolf Steiner andrerseits wieder sagt, die Wirkungsweise der Liebe ist hauptsächlich im Ätherischen gegeben, die Wirkungsweise. Aber die eigentliche Seinsweise der Liebe liegt im Seelischen, im Astralen; in dem, was die Sterne untereinander austauschen, Austausch, in den die Erde mit eingebunden ist, Austausch, ohne den die Erde nicht bestehen könnte. Kein Planet, kein Mond, kein Satellit, nichts könnte bestehen ohne diesen Austausch! Also auf stellarer Ebene, auf Astralebene - und da gehört eben jedes Trum, das irgendwie herumkugelt wie eine Kartoffel, durchs Sonnensystem eilt oder sonstwo, dazu! Also dieser Gesamtaustausch im Astralen, den können wir Liebe nennen.
36|37:42]
Und wir liegen geisteswissenschaftlich begrifflich gar nicht falsch, wenn wir fragen: Noja, der gute Tschurjumow-Gerassimenko, der Komet, der wirklich also grausam verstümmelt aussieht in seiner Hantelform, in seiner unförmigen, und jetzt von einer menschlichen, von der europäischen Sonde Rosetta umkreist wird und einen Lander auf sich erdulden muss, der Philae heisst - nach dem Tempel von Philae, dem Liebestempel in Ägypten -, dieser Tschurjumow-Gerassimenko, der durch die Jänner-Ereignisse voll in unser Bewusstsein gebracht wird, in das Bewusstsein der Interessierten, wirkt als kosmisches Ur-Artefakt, aus der Entstehungszeit des Sonnensystems kommendes Trum restlos lieblos, einseitig, grau, gezwungen auf seine Bahn um die Sonne, die die Planeten hinbugsiert haben, vor allem der Jupiter im Wechselspiel mit der Sonne? Und trotzdem liegen wir nicht falsch, wenn wir sagen: dieser Tschurjumow-Gerassimenko liebt die Sonne und die Sonne liebt ihn, und drum umkreist er sie. Und meinetwegen der Jupiter hat sich an dieser Liebe beteiligt und hat dieser Bahn eine bestimmte Exzentrizität verliehen. Ellipsen haben Exzentrizitäten, Dehnungen - und es war der Jupiter, der diesen Kometen auf seine jetzige Bahn, nah an der Sonne vorbei und dann weit hinaus in den Raum zwischen Mars und Jupiter wiederum tragend, gestossen oder gezogen hat. Und das sind - und drum stell'ich es ja zusammen im Bild -, das sind kosmische Liebesbeziehungen!
37|39:33]
Und es gibt auch, wenn man will, auch in der alten Astrologie, die noch ein Johannes Kepler betrieben hat, Liebes- und im weiteren Hassbeziehungen, also Abstoss-, Anziehungs- und Abstosseffekte, die das gesamte kosmische Geschehen, insoferne sich die Himmelskörper umeinander, zueinander, voneinander bewegen, massgeben. Und das sind Liebesprozesse! Auf der astralen Ebene lassen sie sich auch als solche identifizieren.
38|40:04]
Wenn wir also die Begriffe „Erde” und „Liebe” zusammenbringen, ist der Begriff der „Sonne” schon dabei, denn von dorther beziehen wir oder bezieht die Erde die Fähigkeit, anzuziehen oder abzustossen. Es ist ja nichts andres als erkaltete Sonnenmaterie und Sonnenstofflichkeit, die zu Erde, Mond und den andern Planeten geführt hat. Und selbst wenn irgendein Trum aus den Weiten, Tiefen des extrasolaren Kosmos hereintaumelt, war irgendein Stern draussen beteiligt an der Entstehung dieses Trums. Und so überblende ich astronomische, moderne astronomische Vorstellungen mit geisteswissenschaftlichen Vorstellungen und stelle fest: im Grunde, in der Phänomenbeschreibung verwenden sie völlig verschiedene Begriffe, meinen jedoch das nämliche, um nicht zu sagen dasselbe, dass nämlich alles und jedes aus stellaren Prozessen heraus entsteht und vergeht.
39|41:11]
Neulich hat sich ein moderner Astronom wieder zu der Poesie hinreissen lassen, der Mensch sei ja nichts andres als Sternenstaub. Aber das Wort Staub darf nicht fehlen. Es wäre besser gewesen zu sagen: der Mensch ist nichts andres als Sternenlicht. Dann würde die Sache geisteswissenschaftlich tragen. Aber den Staub musste man dazunehmen, sonst ist man nicht so modern, wie man gerne sein möchte heutzutage. Aber immerhin, das Wort Sternenherkunft war da wiedermal, einen sehr realen Zusammenhang [bildend]. Und dieser Sternenzusammenhang ist der astrale Zusammenhang, das ist sie die gute Astralwelt, nur dass diese Astralwelt sich in ihrem Eigenwesen, in ihrer Eigenoffenbarung gar nicht als so leer und hohl und durch Lichtjahre getrennte Einzelobjekte darstellt, sondern eine Farben- und Formenwelt darstellt von blitzender, gleissender Lichtbarkeit, wenn sie mir diesen Ausdruck durchgehen lassen.
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Und die Erde, astral gesehen, schwebt durch eine Fülle von Astrallicht. Diese Fülle ist für uns nicht erträglich physisch und daher herabgedimmt zu Sternenlicht und Sonne und Mondenschein, ein trauriger Rest dessen, was wir erkennen können, wenn wir eine der wesentlichen ersten Stufen des Hellsehens durchschritten haben und auch nur begrenzt in die Astralwelt eintreten, insoferne sie zum Beispiel irdisch ist, also die Pflanzenastralität, die mineralische Nichtastralität - die dann sehr spannend ist: was da alles um die Steine herumflutet wie um Hohlkörper -, die tierische Astralität und nicht zuletzt die Menschen hier. Eine unglaubliche Farbigkeit, Helligkeit, die auch mit dem hellsten mittäglichen Sommertageslicht nicht zu vergleichen ist. Man könnte wirklich sagen: die Erde bewegt sich in einem Licht- und Farbenmeer. Und insofern lügen die physischen Bilder von der Erde, aus dem Kosmos aufgenommen, wo durch die Schwerfälligkeit unsrer Kameras der hinter[gründ]liche Sternenhimmel auch ausgeblendet wird, weil einfach die Blenden zu lang aufgeblendet sind, sodass man also dann nur noch einen schwarzen Hintergrund hat und die leuchtende Erde davor. Und dieses Bild ist geistig gesehen falsch! Vielmehr müssten wir einen unglaublich hellen, flutenden Kosmos vorstellen mit deutlichen Wirbelstrukturen drin rund um die Sonne, mit der Sonne im Wirbelzentrum, und die Erde als ein nicht ganz so helles Objekt, weil leicht verdunkelt durch ihre Identität, durch ihr Zusammengeballtsein bis hin zu einem Steinplaneten da durchtaumelnd und nur insoferne am astralen Leben teilnehmend, als es Erdenastralität noch kann und mag, sich am kosmischen Astralen zu beteiligen.
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Manchmal, wenn es der Erde zu mühsam wird, dann spuckt sie, dann holt sie aus ihrer inneren Sonnenkraft, dem Erdenfeuer etwas heraus und drückt es durch den Vulkanismus an die Oberfläche; ein trauriges Rülpsen mit viel Asche, mit viel Gift, mit viel Dunkelstoffen, die alle dem Herausdrängen des inneren Erdenlichts, der inneren Erdenwärme entgegengestanden sind als Pfropfen, als Störschicht und so weiter. Das wird herausgepustet, uns sehr zum Entsetzen, dem Kosmos aber zum Zeichen: ich gehöre dazu, ich habe noch Eigenwärme! Ich beteilige mich noch am astralen Spiel, bin nicht ein restlos Getriebenes wie der Mond, der atmosphärelose, wärmelose Mond. Hab ihn ja rausgesetzt, um teilhaben zu können am astralen Tanz, an der astralen Bewegung!
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Und so hielt'ich diesen ersten Impulsvortrag letztlich doch, um so allgemein wie möglich, trotz einzelner konkreter Bilder, um so allgemein wie möglich dieses Wort „astral”, „Astralität”, „astrales Wirken”, „astrale Bewegung” einzuführen als eine der wesentlichen Grundlagen unsres Seminars; für uns deshalb erkennbar, beschreibbar, kompetenterweise erkennbar und beschreibbar, weil wir selber Träger des Astralen sind mithilfe eines sogenannten Astralleibes. Und kein Wunder, dass dieser Astralleib eben schon kosmischen Charakter zeigt, indem er nicht unserm physischen Leib nachgebildet ist, sondern wie eine Eiform erscheint, also ein Ellipsoid, allerdings nicht ein ideales Ellipsoid, das um eine Längs- oder Querachse dreht, sondern um ein etwas verworrenes Ellipsoid, weil jeder Astralleib andre Schwerpunkte hat, andre Hindernisse in sich trägt, und so von der reinen, idealen Eiform abweicht. Obendrein kann durch unser Begierdeleben, Triebleben dieser Astralleib groteske Zusatzformen annehmen, die dann wieder verschwinden, Ausstülpungen, Einstülpungen, wie wir sie zum Beispiel sehr sehr gut kennen vom
Kosmos in den sogenannten Sternent-stehungsnebeln, also selbstleuchtende Strahlnebel - „Nebel” ist da der leidergottes irreführende Ausdruck -, heisse Gebiete etwa im Gürtel des Orion, wo ununterbrochen neue Sterne entstehen und zünden und drum diesen Nebel zu rötlichem, weissen, manchmal grünlichen Leuchten anregen. Da sehn wir Bilder, wie sie auch unser Astralleib zeigen kann, wenn wir Ungeläutertes, von unserm geistigen Wesen schlecht oder ungenügend Gegriffenes loslassen, wirken lassen in unserm Astralleib, eben Begierden, Triebe, Leidenschaften. Dann stülpt unser Astralleib solche ganz seltsamen Figuren heraus. Es gibt eine Aufnahme, ich glaube aus dem Orion-Nebel, wo wir richtig eine, ein Menschengesicht von der Seite erkennen können, das von gleissenden Zentren angestrahlt wird, obwohl es eigentlich, astronomisch gesehen, selbstleuchtend ist; M42: Orion-Nebel
also eine richtige Malerei des Menschenantlitzes, das dem Toben und Treiben seiner Astralität mehr oder weniger entsetzt zuschaut.
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Ein ganz spannendes Bild! Wie überhaupt die stellaren und galaktischen Nebel wunderbare Bilder menschlicher Seelenregungen zeigen, so wie das auf der Erde vor allem Wolkenstimmungen können oder Sonnen-Wolken-Stimmungen, die uns ja immer wieder anregen, und sogar die trockensten Brüder und Schwestern unter uns doch zu einem leisen, irritierten Aufblicken veranlassen mag, weil sie in ihrer Trockenheit gestört werden ob der Erhabenheit eines Sonnenunterganges mit Wolken dazwischen.
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Also wenn wir unsern Astralleib zum Abschluss noch deutlich in einer Imagination fassen wollen, in einer sehr irdischen schaubaren Imagination, dann können wir ohne weiters sagen: Unser Astralleib ist eine zur Eiform tendierende Gestalt, die ununterbrochen die verblüffensten, herrlichsten, aber auch verstörendsten Bild- und Lichtgestalten zeigt, so wie wir das zum Beispiel von kosmischen Nebeln kennen.
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Im übrigen, Menschen, die gelernt haben, Astralleiber zu lesen, bilden sich gerade über diese Figuren und Gestaltungen ein sehr sehr gutes und sprechendes Bild von der Seelenkonfiguration des Menschen, den sie beobachten. Und auch ein Rudolf Steiner in seinen grossen Schulungsanweisungen zu Beginn der sogenannten Freien Hochschule für Geisteswissenschaft, die er begonnen hat nach der Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft, nach dem Brand des ersten Goetheanums, wo er von grossen Tiergestalten spricht, die auftauchen [auf] einer bestimmten Stufe der geistigen Entwicklung und die es nun - jetzt sag'ich's mit modernen Worten - zu integrieren gilt, zuerst zu erkennen gilt, zu durchschauen und dann zu integrieren gilt, sodass sie sich verwandeln, man könnte sagen - jetzt mit meinen Worten -: verlockt, von Wildtieren, ungezügelten, zu Haustieren, gezähmten. Damit wird auch trefflich der Wandel des Astralleibes durch Schulung beschrieben im imaginativen Sinn.
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Tiergestalten, während der Ätherleib eher Pflanzengestalten zeigen würde. Reine Ich-Imaginationen haben die grosse Tendenz Menschengestalt oder Menschenantlitze zu zeigen. Sodass wir mit einer gewissen Vorsicht, die immer angezeigt ist, sagen können: Imaginieren wir ein Antlitz, so steht dahinter eine Ich-Wesenheit, wenn es eine richtige Imagination, eine durchdrungene, ist und nicht eine Phantasterei. Imaginieren wir in irgendeiner Weise Tiergestalten, sind wir auf der astralen Leib-Ebene mit unsrer Imagination. Imaginieren wir Pflanzengestalten, so sind wir auf der ätherischen Ebene, und erst wenn wir Mineralisches imaginieren, sind wir auf der physischen Ebene.
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Und so schliess'ich langsam diesen doch sehr umfänglichen, fast potpourri-artigen Impulsvortrag zur Eröffnung dieses Seminars nocheinmal mit unserm Begriffspaar Erde und Liebe, nicht ohne diesen Zusatz, was die Sonne alles bewirkt, was durch die Sonne überhaupt alles möglich wird, nämlich dieser Gegensatz, der zu einer Vereinigung strebt, Erde und Liebe, Notwendigkeit und Freiheit. Und eigentlich würde es genügen, genau diesen Gegensatz zu ertragen, ohne ihn lösen zu wollen, und mit durch die Nacht morgen zum Gespräch mitzubringen.
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Damit sag'ich für heute Gute Nacht und danke für die Aufmerksamkeit für einen doch eher schwierigen Vortrag!
https://wfgw.diemorgengab.at/zit/WfGWivt20150813.htm