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Merkblatt-
Beilage 45:
Zum Doppelgänger
Rudolf Steiner
1a Nur durch eine solche Übung gelangt der Geistesschüler dazu, jene Ruhe in seinem Gemüt zu haben, welche notwendig ist, damit nicht beim Geborenwerden und namentlich bei der Betätigung des höheren Ich die Seele wie eine Art Doppelgänger neben diesem höheren Ich ein zweites, ungesundes Leben führt. Gerade diesen Dingen gegenüber sollte man sich keiner Selbsttäuschung hingeben. Es kann manchem scheinen, daß er einen gewissen Gleichmut im gewöhnlichen Leben schon habe und daß er deshalb diese Übung nicht nötig habe. Gerade ein solcher hat sie zweifach nötig. Man kann nämlich ganz gut gelassen sein, wenn man den Dingen des gewöhnlichen Lebens gegenübersteht; und dann beim Aufsteigen in eine höhere Welt kann sich um so mehr die Gleichgewichtslosigkeit, die nur zurückgedrängt war, geltend machen. Es muß durchaus erkannt werden, daß zur Geistesschulung es weniger darauf ankommt, was man vorher zu haben scheint, als vielmehr darauf, daß man ganz gesetzmäßig übt, was man braucht. So widerspruchsvoll dieser Satz auch aussieht: er ist richtig. Hat einem auch das Leben dies oder jenes anerzogen: zur Geistesschulung dienen die Eigenschaften, welche man sich selbst anerzogen hat. Hat einem das Leben Erregtheit beigebracht, so sollte man sich die Erregtheit aberziehen; hat einem aber das Leben Gleichmut beigebracht, so sollte man sich durch Selbsterziehung so aufrütteln, daß der Ausdruck der Seele dem empfangenen Eindruck entspricht. Wer über nichts lachen kann, beherrscht sein Leben ebensowenig wie derjenige, welcher, ohne sich zu beherrschen, fortwährend zum Lachen gereizt wird.
S.333f
1b Um weiter fortschreiten zu können von dieser Stufe der Entwickelung aus, ist es notwendig, daß der Mensch unterscheiden lerne zwischen sich und der geistigen Außenwelt. Es wird nötig, daß er alle Wirkungen des eigenen Selbstes auf die um ihn befindliche seelisch-geistige Welt ausschalten lerne. Man kann das nicht anders, als wenn man sich eine Erkenntnis erwirbt von dem, was man selbst in die neue Welt hineinträgt. Es handelt sich also darum, daß man zuerst wahre, durchgreifende Selbsterkenntnis habe, um dann die umliegende geistig-seelische Welt rein wahrnehmen zu können. Nun bringen es gewisse Tatsachen der menschlichen Entwickelung mit sich, daß solche Selbsterkenntnis beim Eintritte in die höhere Welt wie naturgemäß stattfinden muß. Der Mensch entwickelt ja in der gewöhnlichen physisch-sinnlichen Welt sein Ich, sein Selbstbewußtsein. Dieses Ich wirkt nun wie ein Anziehungsmittelpunkt auf alles, was zum Menschen gehört. Alle seine Neigungen, Sympathien, Antipathien, Leidenschaften, Meinungen usw. gruppieren sich gleichsam um dieses Ich herum. Und es ist dieses Ich auch der Anziehungspunkt für das, was man das Karma des Menschen nennt. Würde man dieses Ich unverhüllt sehen, so würde man an ihm auch bemerken, daß bestimmt geartete Schicksale es noch in dieser und den folgenden Verkörperungen treffen müssen, je nachdem es in den vorigen Verkörperungen so oder so gelebt, sich dieses oder jenes angeeignet hat. Mit alle dem, was so am Ich haftet, muß es nun als erstes Bild vor die Menschenseele treten, wenn diese in die seelisch-geistige Welt aufsteigt. Dieser Doppelgänger des Menschen muß, nach einem Gesetz der geistigen Welt, vor allem andern als dessen erster Eindruck in jener Welt auftreten. Man kann das Gesetz, welches da zugrunde liegt, sich leicht verständlich machen, wenn man das Folgende bedenkt. Im physisch-sinnlichen Leben nimmt sich der Mensch nur insofern selbst wahr, als er sich in seinem Denken, Fühlen und Wollen innerlich erlebt. Diese Wahrnehmung ist aber eine innerliche; sie stellt sich nicht vor den Menschen hin, wie sich Steine, Pflanzen und Tiere vor ihn hinstellen. Auch lernt sich durch innerliche Wahrnehmung der Mensch nur zum Teil kennen. Er hat nämlich etwas in sich, was ihn an einer tiefergehenden Selbsterkenntnis hindert. Es ist dies ein Trieb, sogleich, wenn er durch Selbsterkenntnis sich eine Eigenschaft gestehen muß und sich keiner Täuschung über sich hingeben will, diese Eigenschaft umzuarbeiten.
S.376f
1c Durch seine regelrechte Schulung lernt der Mensch wie absichtslos so viel aus der Geisteswissenschaft kennen, und es werden ihm außerdem so viele Mittel zur Selbsterkenntnis und Selbstbeobachtung klar, als notwendig sind, um kraftvoll seinem Doppelgänger zu begegnen. Es ist dann für den Geistesschüler so, daß er nur als Bild der imaginativen Welt in anderer Form das sieht, womit er sich in der physischen Welt schon bekanntgemacht hat. Wer in richtiger Art zuerst in der physischen Welt durch seinen Verstand das Karmagesetz begriffen hat, der wird nicht besonders erbeben können, wenn er nun die Keime seines Schicksals eingezeichnet sieht in dem Bilde seines Doppelgängers. Wer durch seine Urteilskraft sich bekanntgemacht hat mit der Welten- und Menschheitsentwickelung und weiß, wie in einem bestimmten Zeitpunkte dieser Entwickelung die Kräfte des Luzifer in die menschliche Seele eingedrungen sind, der wird es unschwer ertragen, wenn er gewahr wird, daß in dem Bilde seiner eigenen Wesenheit diese luziferischen Wesenheiten mit allen ihren Wirkungen enthalten sind. - Man sieht aber hieraus, wie notwendig es ist, daß der Mensch nicht den eigenen Eintritt in die geistige Welt verlange, bevor er durch seine gewöhnliche in der physisch-sinnlichen Welt entwickelte Urteilskraft gewisse Wahrheiten über die geistige Welt verstanden hat. Was in diesem Buche vor der Auseinandersetzung über die «Erkenntnis der höheren Welten» mitgeteilt ist, das sollte der Geistesschüler im regelrechten Entwickelungsgange durch seine gewöhnliche Urteilskraft sich angeeignet haben, bevor er das Verlangen hat, sich selbst in die übersinnlichen Welten zu begeben.
Bei einer Schulung, in welcher nicht auf Sicherheit und Festigkeit der Urteilskraft, des Gefühls- und Charakterlebens gesehen wird, kann es geschehen, daß dem Schüler die höhere Welt entgegentritt, bevor er dazu die nötigen inneren Fähigkeiten hat. Dann würde ihn die Begegnung mit seinem Doppelgänger bedrücken und zu Irrtümern führen. Würde aber - was allerdings auch möglich wäre - die Begegnung ganz vermieden und der Mensch doch in die übersinnliche Welt eingeführt, dann wäre er ebensowenig imstande, diese Welt in ihrer wahren Gestalt zu erkennen. Denn es wäre ihm ganz unmöglich, zu unterscheiden zwischen dem, was er in die Dinge hineinsieht, und dem, was sie wirklich sind. Diese Unterscheidung ist nur möglich, wenn man die eigene Wesenheit als ein Bild für sich wahrnimmt und dadurch sich alles das von der Umgebung loslöst, was aus dem eigenen Innern fließt. - Der Doppelgänger wirkt für das Leben des Menschen in der physisch-sinnlichen Welt so, daß er sich durch das gekennzeichnete Gefühl des Schämens sofort unsichtbar macht, wenn sich der Mensch der seelisch-geistigen Welt naht. Damit verbirgt er aber auch diese ganze Welt selbst. Wie ein «Hüter» steht er da vor dieser Welt, um den Eintritt jenen zu verwehren, welche zu diesem Eintritte noch nicht geeignet sind. Er kann daher der «Hüter der Schwelle, welche vor der geistig-seelischen Welt ist», genannt werden. - Außer durch das geschilderte Betreten der übersinnlichen Welt begegnet der Mensch noch beim Durchgang durch den physischen Tod diesem «Hüter der Schwelle». Und er enthüllt sich nach und nach im Verlaufe des Lebens in der seelisch-geistigen Entwickelung zwischen dem Tode und einer neuen Geburt. Da kann aber die Begegnung den Menschen nicht bedrücken, weil er da von andern Welten weiß als in dem Leben zwischen Geburt und Tod.
S.379ff
1d Wie nun der Geistesschüler sich die Fähigkeit erwirbt, diejenigen Täuschungen auszuschließen, welche durch die Färbung der übersinnlichen Welterscheinungen mit der eigenen Wesenheit entstehen, so muß er auch die andere Gabe erlangen: die zweite charakterisierte Quelle der Täuschung unwirksam zu machen. Er kann ausschalten, was von ihm selbst kommt, wenn er erst das Bild des eigenen Doppelgängers erkannt hat; und er wird ausschalten können, was in der angegebenen Richtung eine zweite Täuschungsquelle ist, wenn er sich die Fähigkeit erwirbt, an der Beschaffenheit einer Tatsache der übersinnlichen Welt zu erkennen, ob sie Wirklichkeit oder Täuschung ist. Wenn die Täuschungen genau so aussehen würden wie die Wirklichkeiten, dann wäre eine Unterscheidung nicht möglich. So ist es aber nicht. Täuschungen der übersinnlichen Welten haben an sich selbst Eigenschaften, durch welche sie sich von den Wirklichkeiten unterscheiden. Und es kommt darauf an, daß der Geistesschüler weiß, an welchen Eigenschaften er die Wirklichkeiten erkennen kann.
S.384f
1e Wenn der Geistesschüler die Begegnung mit dem gekennzeichneten «Hüter der Schwelle» hinter sich hat, dann stehen ihm beim Aufstieg in übersinnliche Welten weitere Erlebnisse bevor. Zunächst wird er bemerken, daß eine innere Verwandtschaft besteht zwischen diesem «Hüter der Schwelle» und jener Seelenkraft, die sich in der oben gegebenen Schilderung als die siebente ergeben und wie zu einer selbständigen Wesenheit gestaltet hat. Ja, diese siebente Wesenheit ist in gewisser Beziehung nichts anderes als der Doppelgänger, der «Hüter der Schwelle» selbst. Und sie stellt dem Geistesschüler eine besondere Aufgabe. Er hat das, was er in seinem gewöhnlichen Selbst ist und was ihm im Bilde erscheint, durch das neugeborene Selbst zu leiten und zu führen. Es wird sich eine Art von Kampf ergeben gegen den Doppelgänger. Derselbe wird fortwährend die Überhand anstreben. Sich in das rechte Verhältnis zu ihm setzen, ihn nichts tun lassen, was nicht unter dem Einflüsse des neugeborenen «Ich» geschieht, das stärkt und festigt aber auch des Menschen Kräfte.
S.387f
1f Die Gestalt, welche man auf dieser Stufe der Entwickelung wahrnimmt, zeigt dem Geistesschüler noch etwas anderes als diejenige, in der sich ihm zuerst der «Hüter der Schwelle» dargestellt hat. In diesem Doppelgänger waren wahrzunehmen alle diejenigen Eigenschaften, welche das gewöhnliche Selbst des Menschen hat infolge des Einflusses der Kräfte des Luzifer. Nun ist aber im Laufe der menschlichen Entwickelung durch den Einfluß Luzifers eine andere Macht in die Menschenseele eingezogen. Es ist diejenige, welche als die Kraft Ahriman in früheren Abschnitten dieses Buches bezeichnet ist. Es ist dies die Kraft, welche den Menschen im physisch-sinnlichen Dasein verhindert, die hinter der Oberfläche des Sinnlichen liegenden geistig-seelischen Wesenheiten der Außenwelt wahrzunehmen. Was unter dem Einflüsse dieser Kraft aus der Menschenseele geworden ist, das zeigt im Bilde die Gestalt, welche bei dem charakterisierten Erlebnisse auftritt.
S.389f
aus «Die Geheimwissenschaft im Umriß»
2 [...] Darum darf Meditation nicht ohne fortwährende Selbsterkenntnis, Selbstschau vorgenommen werden. Dadurch wird erreicht, daß der Mensch im rechten Augenblick den Hüter der Schwelle sieht: das Karma, das er noch abzutragen hat. Wenn man diese Stufe in normalem Zustande erreicht, bedeutet das nichts anderes als die Erkenntnis des noch vorhandenen Karmas. Fange ich an, in den Ätherkörper hineinzuarbeiten, muß ich mir vorsetzen, das Karma, das noch da ist, auszugleichen. Es kann vorkommen, daß der Hüter der Schwelle auf abnorme Weise auftritt. Das geschieht, wenn der Mensch eine so starke Anziehung hat zu dem einen Leben zwischen Geburt und Tod, daß er wegen des geringen Maßes an innerer Tätigkeit nicht lange genug im Devachan bleiben kann. Wenn der Mensch sich zu sehr gewöhnt hat, nach außen zu schauen, hat er im Inneren nichts zu sehen. Er kommt dann bald ins physische Leben zurück. Seine Begierden bleiben dann vorhanden, das kurze Devachan ist bald vorüber; und wenn er zurückkehrt, ist das Gebilde seiner früheren Begierden noch im Kamaloka vorhanden; er trifft es dann noch an. Er verkörpert sich. Da mischt sich zu seinem neuen Astralkörper der alte hinzu; das ist das vorhergehende Karma, der Hüter der Schwelle. Er hat dann sein früheres Karma fortwährend vor sich, dies wird eine eigentümliche Art von Doppelgänger.
Berlin, 27.Sep.1905 ☿ (in«GA 93a»; S.28)
3 [...] Wenn man in die elementarische Welt eintritt, ist es so, daß sich das Erlebnis vergleichen läßt mit dem grotesken Bild des Hineinsteckens des Kopfes in einen Ameisenhaufen; das heißt, man steckt das Bewußtsein so in die elementarische Welt hinein, daß die einzelnen Gedanken besondere Gedankenlebewesen sind, daß das anfängt, ein selbständiges Leben zu haben und man das Bewußtsein hineintaucht in dieses Leben. Nun, für die hellsichtige Seele stellt sich das Folgende heraus. Der Mensch hat immer in seiner Seele einiges, was er sozusagen nicht voll beherrscht, wofür er besondere Affekte hat. Solchen Dingen gegenüber, was so geartet ist, daß der Mensch mit seinem Inneren in ganz eigenartiger Weise zusammenhängt, entfaltet Ahriman eine besondere Tätigkeit. Es gibt in der Menschenseele solche Teile, die man gewissermaßen loslösen kann von dem Ganzen dieser Menschenseele. Weil der Mensch nicht eine vollständige Herrschaft ausübt über solche Einschlüsse, macht sich Ahriman darüber her. Und da macht sich durch Ahrimans Tätigkeit, die unberechtigt ist, die dadurch entsteht, daß Ahriman seine Grenze überschreitet, dann die Tendenz geltend, daß solche Teile der menschlichen ätherischen Wesenheit und auch der menschlichen astralischen Wesenheit, welche die Neigung haben, sich von dem übrigen Seelenleben loszutrennen und selbständig zu werden, von Ahriman sich formen lassen, so daß er ihnen die menschliche Gestalt gibt. Im Grunde genommen steht es mit allen möglichen Gedanken, die in uns selber sitzen, so, daß sie die menschliche Gestalt annehmen können. Wenn der Mensch diesen Gedanken als Gedankenlebewesen gegenübertritt, wenn dann Ahriman die Gelegenheit hat, einen solchen Teil der menschlichen Seele zu verselbständigen, ihm die menschliche Form zu geben, und man lebt sich in die elementarische Welt hinein, dann steht man diesem verselbständigten Teil seiner Wesenheit als seinem Doppelgänger gegenüber. Es ist immer ein Teil der menschlichen Seele, dem Ahriman die Form der menschlichen Gestalt gibt.
München, 30.Aug.1913 ♄ (in «GA 147»; S.118)
4a [...] Also der Mensch kommt recht sehr mit seinem Organismus, mit dem er sich bekleidet, in diese Welt herein, ohne daß er mit seiner Seele hinunterlangt in diesen Organismus. Dafür ist aber auch Gelegenheit vorhanden, daß kurze Zeit bevor wir geboren werden - nicht sehr lange bevor wir geboren werden -, außer unserer Seele noch ein anderes geistiges Wesen Besitz ergreift von unserem Leib, von dem unterbewußten Teil unseres Leibes. Das ist schon mal so: kurze Zeit bevor wir geboren werden, durchsetzt uns ein anderes, wir würden nach unserer Terminologie heute sagen, ein ahrimanisches Geisteswesen. Das ist ebenso in uns wie unsere eigene Seele. Diese Wesenheiten, welche ihr Leben gerade dadurch zubringen, daß sie die Menschen selber dazu benützen, um da sein zu können in der Sphäre, in der sie da sein wollen, diese Wesenheiten haben eine außerordentlich hohe Intelligenz und einen ganz bedeutsam entwickelten Willen, aber gar kein Gemüt, nicht das, was man menschliches Gemüt nennt. - Und wir schreiten schon so durch unser Leben, daß wir unsere Seele haben und einen solchen Doppelgänger, der viel gescheiter ist, sehr viel gescheiter ist als wir, sehr intelligent ist, aber eine mephistophelische Intelligenz hat, eine ahrimanische Intelligenz hat, und dazu einen ahrimanischen Willen, einen sehr starken Willen, einen Willen, der den Naturkräften viel näher steht als unser menschlicher Wille, der durch das Gemüt reguliert wird.
Im 19. Jahrhundert hat die Naturwissenschaft entdeckt, daß das Nervensystem von elektrischen Kräften durchsetzt ist. Sie hatte recht, diese Naturwissenschaft. Aber wenn sie glaubte, wenn die Naturforscher glauben, daß die Nervenkraft, die zu uns gehört, die für unser Vorstellungsleben die Grundlage ist, irgendwie mit elektrischen Strömen zu tun hat, welche durch unsere Nerven gehen, so haben sie eben unrecht. Denn die elektrischen Ströme, das sind diejenigen Kräfte, die von dem Wesen, das ich eben jetzt geschildert habe, in unser Wesen hineingelegt werden, die gehören unserem Wesen gar nicht an: wir tragen schon auch elektrische Ströme in uns, aber sie sind rein ahrimanischer Natur.
Diese Wesenheiten von hoher Intelligenz, aber rein mephistophelischer Intelligenz, und von einem der Natur mehr verwandten Willen, als es für den menschlichen Willen gesagt werden kann, die haben einmal aus ihrem eigenen Willen heraus beschlossen, nicht in jener Welt leben zu wollen, in der sie durch die weisheitsvollen Götter der oberen Hierarchie zu leben bestimmt waren. Sie wollten die Erde erobern, sie brauchen Leiber; eigene Leiber haben sie nicht: sie benützen so viel von den menschlichen Leibern, als sie benützen können, weil die menschliche Seele eben nicht ganz den menschlichen Leib ausfüllen kann.
Diese Wesenheiten also können, so wie sich der menschliche Leib entwickelt, zu einer bestimmten Zeit bevor der Mensch geboren wird, gewissermaßen in diesen menschlichen Leib hinein, und unter der Schwelle unseres Bewußtseins begleiten sie uns. Sie können nur eines im menschlichen Leben absolut nicht vertragen: sie können den Tod nicht vertragen. Daher müssen sie diesen menschlichen Leib, in dem sie sich festsetzen, immer auch, bevor er vom Tode befallen wird, verlassen. Das ist eine sehr herbe Enttäuschung immer wiederum, denn sie wollen gerade das sich erobern; in den menschlichen Leibern zu bleiben über den Tod hinaus. Das wäre eine hohe Errungenschaft im Reiche dieser Wesenheiten; das haben sie zunächst nicht erreicht.
Wäre das Mysterium von Golgatha nicht geschehen, wäre der Christus nicht durch das Mysterium von Golgatha gegangen, so wäre es längst so auf der Erde, daß diese Wesenheiten sich die Möglichkeit erobert hätten, im Menschen auch drinnen zu bleiben, wenn dem Menschen der Tod karmisch vorbestimmt ist. Dann hätten sie überhaupt über die menschliche Entwickelung auf der Erde den Sieg davongetragen, und sie wären Herren der menschlichen Entwickelung auf der Erde geworden.
S.58ff
4b Und hier eröffnet sich etwas, was in der Zukunft wirklich getrieben werden muß, wenn nicht das Menschengeschlecht unendlich Hemmendes, unendlich Schreckliches eigentlich erleben soll. Denn dieser Doppelgänger, von dem ich gesprochen habe, der ist nichts mehr und nichts weniger als der Urheber aller physischen Krankheiten, die spontan aus dem Innern hervortreten, und ihn ganz kennen, ist organische Medizin. Die Krankheiten, die spontan, nicht durch äußere Verletzungen, sondern spontan von innen heraus im Menschen auftreten, sie kommen nicht aus der menschlichen Seele, sie kommen von diesem Wesen. Er ist der Urheber aller Krankheiten, die spontan aus dem Innern hervortreten; er ist der Urheber aller organischen Krankheiten. Und ein Bruder von ihm, der allerdings nicht ahrimanisch, sondern luziferisch geartet ist, der ist der Urheber aller neurasthenischen und neurotischen Krankheiten, aller Krankheiten, die eigentlich keine Krankheiten sind, die nur, wie man sagt, Nervenkrankheiten, hysterische Krankheiten und so weiter sind. So daß die Medizin geistig werden muß nach zwei Seiten hin.
S.61
4c [...] Ein Wesen, das etwa überall das gleiche auf seine Bewohner hinaufstrahlt, ist unsere Erde durchaus nicht, sondern auf den verschiedensten Gebieten der Erde wird ganz Verschiedenes hinaufgestrahlt. Und da gibt es verschiedene Kräfte: magnetische, elektrische, aber auch viel mehr in das Gebiet des Lebendigen hinaufgehende Kräfte, die aus der Erde heraufkommen [a], und die den Menschen beeinflussen in der mannigfaltigsten Weise in den verschiedensten Punkten der Erde, also nach der geographischen Gestaltung in verschiedener Weise den Menschen beeinflussen.
Das ist eine sehr wichtige Tatsache. Denn das, was der Mensch zunächst ist an Leib, Seele und Geist, das hat eigentlich wenig direkten Bezug zu diesen von der Erde heraufwirkenden Kräften. Aber der Doppelgänger, von dem ich gesprochen habe, der hat vorzugsweise Bezug zu diesen von der Erde aufströmenden Kräften. Und indirekt, mittelbar steht der Mensch nach Leib, Seele und Geist mit der Erde in Beziehung und dem, was sie ausstrahlt an den verschiedenen Punkten dadurch, daß sein Doppelgänger die intimsten Beziehungen hegt zu demjenigen, was da heraufströmt. [...] Da gibt es solche Wesenheiten, denen ganz besonders die östliche Halbkugel, Europa, Asien, Afrika gefallen; die wählen sich solche Menschen, die dort geboren werden, um ihre Leiber zu benützen. Andere wählen sich Leiber, die auf der westlichen Halbkugel, in Amerika geboren werden. Dasjenige, was wir Menschen in einem schwachen Abbilde als Geographie haben, das ist für diese Wesenheiten lebendiges Prinzip ihres eigenen Erlebens; danach richten sie ihren Wohnsitz ein.
Und daraus ersehen Sie weiter, daß eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft sein wird, wieder weiterzupflegen dasjenige, was abgerissen ist: geographische Medizin, medizinische Geographie. Bei Paracelsus [b] ist es aus der alten atavistischen Weisheit heraus abgerissen; seither ist es wenig gepflegt worden wegen der materialistischen Anschauungen. Es wird wieder Platz greifen müssen; und manche Dinge werden erst wiederum erkannt werden, wenn man den Zusammenhang des krankmachenden Wesens im Menschen mit der Erdengeographie, mit all den Fusionen, mit all den Ausstrahlungen, die je nach den verschiedenen Gegenden der Erde von dieser Erde herauskommen, kennenlernen wird. Also wichtig ist es schon, daß der Mensch mit diesen Dingen bekannt wird, denn sein Leben hängt ja davon ab. Er ist ja durch diesen Doppelgänger in einer ganz bestimmten Weise hineingestellt in das Erdendasein, und dieser Doppelgänger, der hat sein Wohnhaus in ihm selbst, in dem Menschen.
S.63f
St.Gallen, 16.Nov.1917 ♀ (in «GA 178»)
5 Das war eine andere Art, spirituelle Weisheit in die Welt zu setzen. Das dürfte heute derjenige, der den rechten Pfad geht, so nicht machen; er dürfte nicht einfach den Leuten gegen ihren Willen, um die Erde einzuteilen, etwas vorschreiben, sondern er hat so zu wirken, daß er den Leuten die Wahrheiten sagt, und sie sollen sich selber darnach richten.
Sie sehen also damit angedeutet einen wesentlichen Fortschritt vom dritten, vierten zum fünften nachatlantischen Zeitraum. Solch eine Sache muß man sehr gut ins Auge fassen. Und erkennen muß man, wie dieser Impuls der Freiheit sich hindurchziehen muß durch all dasjenige, was den fünften nachatlantischen Zeitraum beherrscht. Denn gerade gegen diese Freiheit des menschlichen Gemütes lehnt sich auf jener Widersacher, von dem ich Ihnen gesagt habe, daß er wie ein Doppelgänger den Menschen von einiger Zeit vor der Geburt bis zum Tode hin begleitet, aber bei dem Tode, vor dem Tode den Menschen verlassen muß. [...]
Dornach, 19.Nov.1917 ☽ (in «GA 178»; S.210f)
Andere Stimmen
13 Es gibt zwei Arten des Doppelgänger-Erlebnisses. Die eine ist in Goethes »Faust« klassisch dargestellt. Da sehen wir Mephisto als den dunklen Doppelgänger, der den Menschen dazu bringt, sich in den Labyrinthen des Lebens zu verirren. Ist der Mensch jedoch dem Göttlichen zugewandt, so wird er auch den hellen Doppelgänger neben sich fühlen können: ihm wird sein, als ginge sein eigener Engel neben ihm her. Den klassischen Ausdruck für das engelhafte Doppelgänger-Erlebnis finden wir in der alttestamentlichen Tobias-Legende: An der Seite und Hand des Erzengels Raphael kann der junge Tobias getrost seine Wege gehen.
In Zukunft wird die helle Gestalt, die dem Menschen zur Seite geht, immer wieder einmal durchsichtig werden für den Auferstandenen selbst. [...]
Emil Bock
aus «Die drei Jahre»; S.394
14 Den eigenen Doppelgänger zu sehen ist also eine Errungenschaft, die mit einer inneren Kraft zur Wahrhaftigkeit sich selbst gegenüber verbunden ist. Die Doppelgänger anderer Menschen zu sehen ist nicht so schwierig. Dafür sind die meisten Menschen heute hellsichtig. Diese Kraft des Sehenkönnens auf sich selbst anzuwenden ist die Herausforderung. Dieser Vorgang ist dem vergleichbar, wenn man einen Vorhang, der einem den eigenen Anblick versperrt, nun selbst aufziehen lernt. Das ist ein willentlicher Schritt. Erst jetzt kann sich der eigene Doppelgänger auch so zeigen, wie er ist, nämlich als ein Wesenhaftes, das Ergebnis meiner Gedanken, Gefühle und Willensimpulse ist. Diese werden jetzt nicht mehr nur als etwas scheinbar Nebensächliches und rein nur im Inneren Befindliches erlebt, sondern sie werden wahrnehmbar für den imaginativen Blick in der Art, wie sich in der Außenwelt Tiere, Pflanzen und Steine zeigen.
Corinna Gleide
aus »die Drei« 4/2017; S.50
Unsere Anmerkungen
a] vgl. zum Erdeninneren
b] Theophrastus Bombastus v.Hohenheim
https://wfgw.diemorgengab.at/WfGWmblB45.htm