zum IMPRESSUM
Merkblatt-
Beilage 15:
Islam, Arabismus und Abendland
1 Vorgeschehen
2500-1800v Harappa-Kultur in Indien unter Radschas und Maharadschas
1500-600v Vedische Zeit, die mit der Einwanderung der Arja (Arier) einsetzt
um 1250v Auszug Israels, geführt von MOSCHE, aus Ägypten [a]
586-483v BUDDHA GAUTAMA (Tod in einer Vollmondnacht)
538v Ende der babylonischen Gefangenschaft: der Stamm JUDA zieht mit Esra nach Judäa.
33 3.IIII. Mysterium von Golgata [b] (66? Enthauptung des 13.Apostels in Rom [c])
70 Vernichtung des Tempels (JHWH-Heiligtum) zu Jerusalem [d]
276 Kettentod des MANI in Beth-Lapat
2 Um das Jahr 333 [e] und danach
313 Toleranz-Edikt von Mailand durch CONSTANTINVS: völlige Religionsfreiheit und Gleichberechtigung des Christentums, Rückgabe kirchlichen Eigentums, Abschaffung des Staatskultes
324-337 CONSTANTINVS, totius orbis imperator
330 11.V. wird Byzantium Konstantinopolis, zweites Rom, und damit christliche Reichshauptstadt. Der absolutistische Staat wird vollendet, das Christentum immer mehr bevorzugt.
337-361 CONSTANTIVS II. Der Arianismus wird wieder für die Gesamtkirche verbindlich.
350 Begründung der Akademie von Gondischapur [f]
361-363 JVLIANOS Apostata, dann 1 Jahr lang JOVIANVS, der den Krieg gegen die Perser beendet, wobei Rom Armenien verliert
364-375 VALENTINIANVS I., der die Alamannen besiegt und Rheingrenze sowie Hadrianswall in Britannien erneuert
318-381 Arianischer Streit: ARIVS, Presbyter in Alexandrien, lehrt, dass Christus geschaffen und vom Vater verschieden sei, später dann, dass Christus Gott ähnlich sei (Homoiusie). Dies wird
325 vom Konzil zu Nicaea, welches vom (ungetauften) CONSTANTINVS einberufen worden war, verworfen; das Glaubensbekenntnis wird nach der Lehre des ATHANASIVS formuliert, wonach Christus Gott gleich sei (Homusie). Das Nizänum wird
381 vom ökumenischen Konzil zu Konstantinopel bestätigt.
Die drei grossen Vermittler griechischer Theologie im Westen sind HIERONYMVS, Eremit zu Bethlehem, der die berühmte lateinische Bibelausgabe (Vulgata) schafft - bis dahin gab es die hebräische und die syrische Bibel sowie die griechische Septuaginta -, AMBROSIVS, Bischof von Mailand, der ua. eine christliche Pflichtenlehre verfasst; und AVGVSTINVS, nach seiner Bekehrung (386) Bischof von Hippo Regius (ab 395), Gegner von PELAGIVS und dem Manichäer-Bischof FAUSTOS.
369 Aufhebung der Mysterien von Eleusis
375 Zerstörung des Ostgotenreiches in Südrussland durch die Hunnen und Tod des ERMANERICH - Beginn der Völkerwanderung
379-395 THEODOSIVS I. (ab 394 Alleinherrscher)
380 Edikt von Thessalonike: verbietet den Arianismus im Osten; Athanasianismus wird Staatsreligion (Katholizismus)
384 Vertrag (Friede und Freundschaft) mit SCHAPUR III. von Persien: ARMENIEN wird geteilt
391 Christentum wird Staatsreligion - Verbot aller heidnischen Kulte
395 Teilung des Römischen Reiches unter die Söhne Theodosius', ARKADIVS (Konstantinopel/Ostrom) und HONORIVS (Ravenna/Westrom)
415 Ermordung der grossen spätorphischen Lehrerin HYPATHIA in Alexandrien durch den christlichen Mob
489 Schliessung der Schule von Edessa, in der die Werke Aristoteles' ins Syrische übersetzt worden waren - viele Lehrer weichen in die Akademie von Gondischapur aus.
493-526 THEODERICH
524? Hinrichtung des BOETHIVS, dann Zerfall des Ostgotenreiches um Ravenna
527-565 JUSTINIANOS I.
529 9.I. gründet BENEDIKT v.Nursia das Kloster Montecassino (Regula S.Benedicti: ora et labora [e]). Synchron dazu wird die Schule von Athen geschlossen, deren Lehrer grösstenteils ins Perserreich auswandern und dort in die Akademie von Gondischapur eintreten.
590 Peregrinatio COLUMBANI et GALLI von Bangor aus und Begründung von Klöstern in den Vogesen (Regula S.Columbani: ora et lege et labora [g]).
615 23.XI. stirbt COLUMBAN in Bobbio. Seinen Abtstab (Cambutta) hinterlässt er GALLUS, der ihn acht Tage nach dem Tod des Abtes empfängt (die Cambutta ist an den Lacus Brigantinus zurückgekehrt). Vielleicht dreissig Jahre später stirbt dieser in Arbon (16.X.).
3 Geburt des 'ISLĀM
570? Geburt von Mohammed -der Gepriesene- in Mekka, einem blühenden Handelsknotenpunkt, als Sohn des Abd 'Allah, eines Mitgliedes der mekkanischen Aristokratie der Choreischiten, welcher kurz darauf verstarb, ohne Vermögen zu hinterlassen, und der 'Amina, welche den Sohn zu einer Beduinen-Amme in die Wüste brachte, wo dieser zwei bis drei Jahre verblieb. Als er sechs Jahre alt war, starb auch die Mutter, kurz darauf der Grossvater, sodass er zuletzt von Abu Talib, dem Vaterbruder adoptiert wurde. Nach verschiedenen Anstellungen diente der junge, geachtete, aber mittellose Mohammed als Kaufmann der reichen Witwe Chadidscha [h] und unternahm in ihrem Auftrag eine Karawanenreise nach Syrien. Später ehelichte ihn die um 15 Jahre ältere Frau und schenkte ihm drei Söhne, die im Kindesalter fortstarben, und vier Töchter, unter ihnen Fatima [h], welche als Gemahlin von 'Ali einst die beiden Enkel gebären sollte. Mit seiner Eheschliessung war Mohammed aller Brotsorgen enthoben; das erlaubte ihm, sich dem Stadtgetriebe immer öfter zu entziehen und eine Höhle am Berg Hira aufzusuchen, teils allein, teils mit der Familie. Dort erlebte er den „Anbruch der Morgenröte” durch Innere Ruhe und Versenkung.
610 erfuhr Mohammed seine erste Engel-Schau. Seinem ersten Biographen, 'Ibn 'Ischak, nach war Mohammed mit seiner Familie auf den Hira gestiegen und hatte sich eben in der Höhle zum Schlaf hingelegt, als der Engel „kam zu mir mit einer brokatenen Decke, auf der Schriftzeichen standen, und sagte »Lies!« Ich erwiderte: »Was soll ich lesen?« Er presste die Decke so fest um mich, dass ich glaubte, es sei der Tod; dann liess er mich los und sagte »Lies!«”(Sure 96) Mohammed erwachte derart aufgerührt, dass er Selbstmord begehen wollte; doch hielt ihn eine Stimme zurück: „O Mohammed! Du bist der Apostel Gottes, und ich bin Dschibril (Gabriel) [a]!”
613 beginnt MOHAMMED in Mekka öffentlich zu predigen, nachdem ihm eine weitere Schau geboten hatte, ans Werk zu gehen und die Menschen „zu erwecken, zu warnen” [Sur:74,1-17]. Chadidschah wird die erste Gläubige, ihr folgt 'Ali, der jüngerer Vetter, Said, ein Freigelassener, und Abu Bekr, ein wohlhabender, angesehener Mann. Die Botschaft erreicht freilich zunächst vorwiegend die Armen und Entrechteten, während ihm die aristokratischen Choreischiten erbitterten Widerstand bieten.
ISLĀM (Ergeben in den Willen Gottes) lehrt den Einen Gott, 'Allāh [i], dem keine Gefährten beigesellt sind (auch keine Kinder), der alles geschaffen hat und dem alles unterworfen ist, weil allāhu akbar (Gott ist der Allergrösste), ferner das drohende Weltgericht mit Gott als Richter, der das Schicksal der Menschen bestimmt - später führt dies in Verbindung mit Determinismus zu kismet (fatalistische Schicksalsvorstellung) mit dem ergebenen Kernsatz 'insch'allāh (wenn Gott will) [k].
622 16.VII. flieht Mohammed heimlich vor den Nachstellungen der Choreischiten nach Jathrib, das von da an Medinet el-Nabi (Stadt des Propheten) genannt wurde, oder kurz Medina. Das war die Hidschra - mit ihr beginnt die islamische Zeitrechnung.[l]
Die fünf Säulen des 'islām sind
1. der Glaube, der auf es-schahāda (Glaubensbezeugung) beruht und Mohammed als letzten Propheten (nach 'ADAM, NŪH, 'IBRĀHĪM, MŪSĀ und 'ĪSĀ) und als Überbringer des qor'ān (Gotteswort) annimmt,
2. das Gebet, unterschieden in ed-du'ā (intim) und es-salāt (öffentlich),
3. das Almosengeben, sowohl es-sadaqa (freiwillig), als auch ez-zakāt (Pflicht),
4. das Fasten (es-saum), vor allem der er-ramadān (Fastenmonat, der 9.Monat im islamischen Kalender) [Sur:2,183-187], und
5. die Pilgerfahrt (el-haddsch) zur ka'aba (Haus Gottes) nach Mekka, die wenigstens einmal im Leben geleistet werden soll [Sur.2,195-202].
Die Glaubensgrundlagen des 'islām sind
el-'idschma, die Übereinstimmung der Gläubigen, und
el-'ilm, das im qor'ān (Koran) in arabischer Sprache (Sprache Gottes) niedergelegte Wissen, ergänzt durch
es-sunna, die vorbildlichen Aussprüche und Gewohnheiten des Propheten, wie sie in den hadith (Berichten verschiedener Gewährsmänner) überliefert sind.
Zudem werden qor'ān und hadith durch die 'olama (Gelehrten) geordnet, nach 'isnād (Überlieferungskette) geprüft und ausgelegt. Sie wirken richtungsweisend durch
el-kalām, Aussagen über Gottes Wesen und Wirken (Theologie) sowie über den Glauben ('osul ed-din),
et-tafsir, die kommentierende Auslegung des qor'ān (Exegese),
el-fiqh, die Rechtswissenschaft, und schari'a, die Lehre vom göttlich gesetzten Weg, und
el-'irfān, Aussagen über die innere Beziehung zu Gott (Mystik).
4 Erste historische Schritte des 'ISLĀM
Nach der bewaffneten Auseinandersetzung bei Bedrä, einer Karawanserei von Medina, bei der die stolzen Choreischiten eine vernichtende Niederlage hinnehmen mussten, gilt Mohammeds Sache bei den Arabern weithin als gottgewollt.
630 besetzen die moslime (Gläubigen) Mekka fast ohne Gewalt und unterwerfen die Choreischiten - die ka'ba wird von „heidnischen” Zutaten gereinigt und erneut religiöses Zentrum.
632 stirbt Mohammed in Medina in den Armen seiner Lieblingsfrau 'A'ischa [h]. Er wird dort beigesetzt.
632-634 'Abu Bekr, der Vater von 'A'ischa, wird als erster zum chalifa (Nachfolger) gewählt. Er unterdrückt die erste Rebellion zahlreicher Araberstämme der Wüste und macht Eroberungen im Namen des 'islām. Unter ihm entwickelt Chalid geschickte militärische Strategien, die auf unerwarteten schnellen Angriffen beruhen. 'Abu Bekr wird von einem Fieber hingerafft.
634-644 'Omar ('Umar), „Beherrscher der Gläubigen”, wird chalifa, emir (militärischer Befehlshaber), imam (religiöses Oberhaupt) und kadi (weltlicher Richter); er erobert mit CHALID die arabische Halbinsel sowie
635 Damaskus und damit SYRIEN,
636 Ktesiphon und danach PERSIEN,
638 Jerusalem und damit PALÄSTINA und
641 ÄGYPTEN. Er wird von einem christlichen Sklaven beim Morgengebet in der Moschee erdolcht.
644-656 'Othman ('Uthman), unter dem die Araber zur Seemacht werden und der die Eroberung der nord-afrikanischen Küste vorantreibt, kümmert sich insbesondere um die schriftliche Festlegung der 114 Suren des qor'ān. Er wird beim Koranlesen von rebellischen Moslems ermordet.
656-661 'Ali, Mohammeds Schwiegersohn, wird vom einfachen Volk geliebt, von 'A'ischa jedoch befehdet (1.Bürgerkrieg);
656 Kamelschlacht bei Basra zu 'Alis Gunsten, der daraufhin die Residenz nach Kufa verlegt, womit Medina politisch bedeutungslos wird; dann
658 Schiedsgericht von Adruch, dessen unbefriedigendes Ergebnis einen Teil von 'Alis Anhänger veranlasst, von ihm abzufallen (Charidschiten: Abgefallene); schliesslich wird 'Ali
661 in der Moschee zu Kufa von einem eifernden Charidschit erdolcht. Unter Mo'awija (661-680), dem grossen Gegenspieler 'Alis und ersten der 'Omaijaden, wird
669 'Alis erster Sohn Hassan vergiftet, der sterbend seinen Mörder nicht nennen will, um der Blutrache Einhalt zu gebieten.
680 10.X. fällt 'Alis zweiter Sohn Hosain (Hussein) bei Kerbela (Passionstag der Schi'iten). Die Anhänger 'Alis und seiner Sühne bilden die schi'a (Partei) und Kerbela wird und bleibt bis heute (im Irak) ihr Wallfahrtsort. Im Unterschied zu den Sunniten lehnen die Schi'iten die Sunna als Glaubensgrundlage ab und sehen in 'Ali den rechtmässigen Prophetennachfolger. Seine Linie setzt sich fort mit Hassan, Hosain und dessen Sohn 'Ali - der jeweilige Hauptblutserbe lebt im Bewusstsein der Schi'iten und trägt den ihnen heiligen Titel 'imām, der allerdings sonst jeden religiösen Leiter bezeichnen kann, was von den Charidschiten genutzt wird, nach deren Auffassung der jeweils Frömmste zum Gemeindevorsteher gewählt werden soll.
5 Byzanz, Araber und Westeuropa
610-641 HERÁKLEIOS, βασιείος (basileíos) statt Imperator, unter dem Griechisch zur Amtsprache wird
628 Sieg über die Perser, der den Zusammenbruch des Sassanidenreiches einleitet; wegen der dauernden Angriffe der auf die den Persern folgenden Araber überlässt er ab 628 den Slawen die Balkanhalbinsel zur Einwanderung, wobei die Horuates (Kroaten) ins spärlich besiedelte und deshalb ungeschützte Pannonien und Dalmatien eindringen.
717-802 Syrische (isaurische) Dynastie
Durch den unter dem Einfluss bilderfeindlicher östlicher Sekten, dann des Judentums und endlich des 'islāms ausbrechenden Bilderstreit ist der Staat geschwächt - Papst Gregor III. unterstüzt die Bilderverehrer, die das Bild als Symbol und Mittler auffassen.
740 Sieg über die Araber bei Akroinon - Die anschliessenden Feldzüge KONSTANTIN V. (741-775) lassen aus dem Existenzkampf des byzantinischen Staates allmählich einen Grenzkrieg werden. Die Expansion der Araber richtet sich nach Westen.
661-750 'Omaijaden-Dynastie
661-680 MO'AWIJA, Urenkel des 'Omaija ('Umaija), eines Verwandten Mohammeds findet die Söhne 'ALIs, welche mehr dem inneren Leben zuneigen, zunächst ab und verlegt die Residenz nach Damaskus; auch stellt er die Finanz- und Steuerverwaltung wieder her. Er unternimmt
ab 667 Angriffe gegen Byzanz, die scheitern, doch im Osten werden Kabul, Buchara und Samarkand erobert.
680-683 Jasid I. schlägt Hosain bei Kerbela. Sein Sohn Chalid ben Jasid ben Mu'awija nutzt seine Stellung am Hof, um, vom syrischen Mönch Marianos belehrt, dem Impuls von Gondischapur Raum zu geben, indem er griechische Weisheit aus verschiedenen Sprachen ins Arabische übersetzen lässt.
685-705 'Abd el-Melik wirft schi'itische und charidschitische Aufstände nieder und beseitigt das Gegenchalifat in Mekka. Er führt eine arabische Währung ein.[m]
698 erobert er Karthago und sichert seine Herrschaft in Nordafrika.
705-715 Walid I. erobert TRANSOXANIEN (Land jenseits des Amudarja) und das Indus-Gebiet. Die Macht der 'Umaijaden erreicht ihren Höhepunkt. Der Kampf um SPANIEN und damit Westeuropa beginnt.
711 überschreitet Tariq die Meerenge von Gibraltar (dschebel el tariq) und vernichtet das Westgotenheer unter RODERICH bei Xeres de la Frontera.
718 wird Byzanz erfolglos belagert.
732 verhindert KARL MARTELL in der Schlacht von Tours und Poitiers das weitere Vordringen der Araber im Westen.
Die Krise, welche durch die steuerliche Gleichstellung bekehrter Nichtaraber mit Arabern entsteht, Charidschiten- und Schi'iten-Aufstände sowie der aufkommende Zwist zwischen 'Abbassiden und 'Omaijaden schwächen deren Dynastie.
744-750 Merwan II. wird
750 in der Schlacht am Zab (Nebenfluss des Tigris) vernichtend geschlagen. Dem unter den überlebenden 'Omaijaden angerichteten Blutbad entkommt nur 'Abd er-Rachman, der
756 in Spanien das Emirat von Cordoba begründet.
Die arabische Weltmacht vereinigt Völker verschiedenster Herkunft und Religion. Trotz dieser Besonderheiten wächst rasch eine einheitliche arabische Kultur durch Religion und arabische Sprache, da der qor'an nicht übersetzt werden darf. Weder bekehrt, noch zur Annahme des 'islām gezwungen, müssen die Unterworfenen nur Steuern zahlen. Später entsteht ein Gegensatz zwischen der Vorherrschaft der arabischen Kriegerkaste (nur Kriegsdienst), und den Untertanen, die zum 'islām übergetreten sind; die vom nichtarabischen Bevölkerungsteil geforderte Gleichberechtigung muss gewährt werden.
750-1258 'Abbassiden-Dynastie, begründet von 'Abu l'Abbas
754-775 el-MANSOR (ALMANSUR: der Siegreiche) schafft die Machtgrundlage des neuen Staates mithilfe persischer Hilfstruppen. Er gründet
762 die Residenz Bagdad. Die Vorrangstellung der Araber geht auf die Perser über; persisches Hofzeremoniell wird eingeführt, Wesire leiten das Staatswesen, die Verwaltung wird nach persischem und byzantinischem Vorbild reorganisiert - der vom Hof umgebene chalifa wird unerreichbar.
786-809 Hārūn er-Raschid kämpft siegreich gegen Byzanz. Unter ihm erreichen Chalifat sowie Wissenschaft und Kunst eine Hochblüte. Dennoch beginnt auch der Zerfall des Reiches.
788 macht sich in MAROKKO die 'Idrisiden-Dynastie selbständig,
801 in Kairuan die 'Aghlabiden-Dynastie. - Haruns Söhne [n] streiten um das Reich.
IX.Jh. Innere Zwiste, schi'itische Aufstände und das Emporkommen selbständiger Dynastien (Tahiriden in Chorasan) führen zur politischen Entmachtung des Chalifates: dem chalifa wird die Würde eines geistigen Oberhauptes aller Gläubigen belassen, während der Staat ab
936 vom 'emir el-'omara (Oberemir) geleitet wird. Diesen Titel reissen bald die Fürsten der unabhängigen Dynastien an sich.
Ab 940 sind die 'Abbasiden politisch bedeutungslos.
In den islamischen Kulturzentren (Bagdad, Damaskus, Kairo, Mekka, Samarkand) wird orientalisches und hellenistisches Wissensgut von den Arabern verschmolzen und zur Grundlage einer arabischen Wissenschaft, welche im IX. und X. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreicht und, vor allem über Spanien, das christliche Abendland beeinflusst.
1055 wird TOGUL BEG in Bagdad zum Chalifen gekrönt, dessen Nachfolger ALP ARSLAN mit seinen Seldschuken, einem Turkstamm, den fatimidischen Chalifen Jerusalem und Syrien entreisst und das byzantinische Heer
1071 in der Schlacht von Mantzikert vernichtend schlägt.
1256 fallen die Mongolen in PERSIEN ein und
1258 wird Bagdad von ihnen erobert und zerstört.
Trotz grosser aussenpolitischer Erfolge (Mittelmeerherrschaft bis ins XI.Jahrhundert, dann Eroberung INDIENs) setzt seit dem IX.Jahrhundert die Sonderentwicklung ein, auf religiösem Gebiet (Sekten) und politischem (Teilreiche). Für alle Teilreiche entscheidend ist vom VIII.Jahrhundert an das Einsickern der Turkvölker, die im IX. an allen islamischen Höfen Palastgarden bilden.
Von 1096 an begegnet den Arabern das abendländische Christentum in der Kreuzzugsbewegung, einer Folge religiöser Verinnerlichung, kirchlichen Aufschwungs und machtpolitischer Überlegungen. Diese orientiert sich zunächst an zwei Gedanken: dem der Pilgerfahrt ins „Heilige Land” und dem an den „notwendigen und gerechten” Krieg gegen die Heiden. Reiselust und Beutegier waren wohl ebenfalls von Anfang an im Spiel. Insgesamt fanden bis
1291 (Fall der Feste Akkon)[o] sieben Kreuzzüge statt.
6 Islamische Teilreiche (Überblick)
S P A N I E N (el-ANDALUS)
755-1031 Die spanische 'Omaijaden-Dynastie schafft eine Blütezeit sowohl in politischer wie kultureller Hinsicht. Ihr bedeutendster Herrscher ist
912-961 'Abd er-Rachman III., der die zentrale Macht des Emirates gegen den Adel wiederherstellt und Anspruch auf das Chalifat erhebt.
977-1002 al-Mansor stellt die arabische Herrschaft über ganz SPANIEN wieder her, doch setzen
1008-1031 Thronwirren ein, durch die sich Andalusien in Teilreiche auflöst -
1031-1086 Periode der Reyes de Teijas mit Hochblüte der maurischen Kultur.
1086-1147 werden die Almorawiden, strenge Fundamentalisten aus dem Atlasgebiet, gegen die christliche Offensive ALFONS VII. ins Land gerufen, welche
1150-1250 von den Almohaden abgelöst werden. Das maurische Restreich,
1146-1492 Emirat von Granada, endet mit der Eroberung Granadas durch Kastilien.
N O R D A F R I K A
Um 800 entstehen drei kleinere Dynastien: die Rostamiden von Tahert, dann
801-909 die 'Aghlabiden von Kairuan und
808-930 die 'Idrisiden von Fes. Sie alle unterliegen den
909-972 Fatimiden, die als Abkömmlinge der Prophetentochter FATIMA und 'ALIs die Herrschaft über die Gläubigen beanspruchen und
969 ÄGYPTEN erobern. In 'IFRIKIJĀ herrschen zunächst als Statthalter der Fatimiden
972-1167 die Ziriden (ab 1041 selbständig).
1061-1163 dehnt sich die Herrschaft der Almorawiden aus,
1147-1269 die der Almohaden, deren Reich durch arabische und christliche Angriffe vernichtet wird.
Ä G Y P T E N (el-MISR)
868-905 Dynastie der Tuluniden, dann
935-969 der 'Ichisiden, denen
969-1171 die Fatimiden folgen, die die Autorität der 'Abbasiden-Chalifen nicht mehr anerkennen (Gegenchalifen). Sie werden
1171-1250 von der Dynastie der 'Ajjubiden abgelöst, deren Begründer der Kurde SALAHAD-DIN (SALADIN) ist, der den christlichen König von Jerusalem
1187 bei Hattin schlägt. In der Folgezeit gewinnt die türkische Mameluken-Garde an Einfluss; sie schlägt
1260 den Angriff der Mongolen auf ÄGYPTEN ab.
M I T T L E R E R O S T E N
819-999 herrschen die Samaniden zunächst als Statthalter der Tahiriden in TRANSOXANIEN,
ab 875 unabhängig; eine persische Nationalliteratur entsteht.
890-1003 wird NORDMESOPOTAMIEN durch die Hamdaniden von Mossul und Aleppo beherrscht.
932-1055 breitet sich das grösste Reich unter den Bujiden aus; mit ihm erfolgt der Durchbruch zu politischem Selbstbewusstsein der Iraner; Residenz ist
ab 945 Bagdad, wo die Bujiden nominell als Oberemire walten.
Die politische Führung übernehmen in der Folgezeit die Türken, deren bedeutendste Staatsbildung das Reich der Gross-Seldschuken wird.
7 Anbrechende Feuer im Abendland
1244 16.III. werden 205 Katharer („Reine”) unter der gefallenen Pyrenäen-Festung Montségur verbrannt.
1314 18.III. wird JACQUES de Molay, der letzte Grossmeister der Templer, in Paris öffentlich verbrannt.[p] Widerpart waren ihm PHILIPPE IV LE BEL und dessen Kanzler Guillaume de NOGARET, welche ihrerseits im selben Jahr zugrundegehen.
1415 6.VII. wird Jan HUS vom Konzil zu Konstanz geächtet und von den Leuten König SIGISMUNDs trotz dessen verbrieften Geleit-Versprechens verbrannt. Hauptankläger waren Kardinal D'AILLY, Bischof v.Cambrai, und Jean GERSON, Vertreter der Sorbonne.
1431 30.V. endet JEANNE d'Arc in Rouen auf dem Scheiterhaufen.[q]
für die Arbeitsgruppe Islam des
Columban-Zweiges, Bregenz
Unsere Anmerkungen
a] vgl. Mbl.13
b] vgl. Mbl.6 u.7
c] vgl. Mbl.27
d] vgl. »TzN Sep.2006«
e] vgl R.STEINER am 16.X.1918 in «GA 182»; S.168ff
f] Gondischapur ist die um 260 im Schachbrettmuster erbaute Hauptstadt des nach 177 errichteten neupersischen Sassanidenreiches, welches 641 zusammenbricht.
g] vgl. Mbl.19: Anm.4
h] vgl. Mbl.5: Anm.2
i] entspricht dem hebr. ELOAH (vgl. Mbl.10 u.14)
k] vgl. tinger metne (mongol.: der Himmel weiss es)
l] Der islamische Kalender ist ein reiner Mondkalender mit 29 bzw. 30 Tage langen Monaten sowie Gemeinjahren zu 354 und Schaltjahren zu 355 Tagen (vgl. »TzN Dez.2007«).
m] vgl. Mbl-B.8
n] vgl. Haruns Söhne
o] vgl. Mbl-B.8: Anm.t
p] vgl. Mbl-B.8: Anm.u
q] vgl E.BOCK in «Michaelisches Zeitalter»; S.43f
Literatur
siehe auch Stichwort-Register
STEINER, R.: Vorträge vom 16.u.17.IX.1909 in «GA 114»
STEINER, R.: Vortrag vom 13.III.1911 in «GA 124»
STEINER, R.: «GA 126»
STEINER, R.: Vortrag vom 2.III.1913 in «GA 140»
STEINER, R.: «GA 142»
STEINER, R.: Vortrag vom 16.X.1918 in «GA 182»
(THIEME, P.): «Upanischaden»
BUDDHA GOTAMA: «Worte der Vollendung»
M.W.HOFMANN/(HENNING, M.): «Der Koran»
W.FEICHTINGER et al.: «Islam, Islamismus und islamischer Extremismus»
F.GABRIELI: «Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht»
HOFMANN, M.W.: «Der Islam als Alternative»
KETTERMANN, G.: «Atlas zur Geschichte des Islam»
A.KHOURI et al.: «Islam-Lexikon Bd.1, Bd.2, Bd.3»
J.POHL: «Die Welt des Islam»
RICE, D.T.: «Die Kunst des Islam»
RÖSCHERT, G.: «Für die Sache Gottes»
SCHIMMEL, A.: «Mystische Dimensionen des Islam»
STEWART, D.: «Islam»
THIEBEN, L.: «Das Rätsel des Judentums»
W.WEIRAUCH: »Flensburger Heft« Nr.69
weiter
https://wfgw.diemorgengab.at/WfGWmblB15.htm