zum IMPRESSUM
Merkblatt 4:
Wie sich Anthroposophie
in der Welt zeigt
„Der wirkliche, weil wirksame Geist liegt in der Gliedmassennatur. Nicht dass ich reflektiere, ist geistvoll, sondern dass ich zugreife und praktisch verwirkliche, was die anderen benötigen. Es geht darum, die Esoterik der Tat zu entdecken. Auf diesem neuen Geistbegriff Steiners beruht im Grunde die zur Praxis drängende Seite der Anthroposophie. Darauf beruht die Fruchtbarkeit aller anthroposophischen Berufsfelder. Sie versteht sich gerade auch darin als voll inhaltliche geistige Bewegung.”
Wolfgang Schad in «Der periphere Blick», Stuttgart 2014; S.85
Anthroposophie war für Rudolf Steiner nicht reine Lehre oder abstrakte Theorie, sie war ihm seelisch-geistiges Leben. Alles Leben drängt nach Ausdruck, Darstellung und Gestaltung. Da er aber seine Forschungsergebnisse und die daraus entstandenen Ideen niemandem aufnötigen wollte und dies wegen Achtung der menschlichen Freiheit auch nicht durfte, war er darauf angewiesen, dass seine Mitmenschen aus ihren Bedürfnissen heraus Fragen stellten. Konkret nach einer Verbesserung der sozialen Lage während und nach dem I.Weltkrieg gefragt, erarbeitete Steiner auf der Grundlage der Dreigliederung des Menschenorganismus' die Gesetzmässigkeit der Dreigliederung des sozialen Organismus. Dieser Sozialimpuls versickerte zwar in den damaligen Wirren, doch wirkt er bis heute weiter durch verschiedene Gründungen wie zum Beispiel der Waldorfschulbewegung. Er spricht von drei Gebieten des sozialen Lebens:
GEISTESLEBEN RECHTSLEBEN WIRTSCHAFTSLEBEN
Geistiges Schaffen gedeiht
nur in Freiheit,
der die Menschenwürde erwächst.
Menschen-Ordnung kann
nur im gleichberechtigten Gegenüberstehen erreicht werden.
Warenkreisläufe fordern
das geschwisterliche
Sich-Absprechen aller Beteiligten.

Im Geistesleben finden sich Wissenschaft, Kunst und Religion in ihrer Vielfalt. Steiner war bemüht, die in unserer Kultur auseinandergebrochenen Bereiche wieder zusammenzuführen. Allerdings ist Anthroposophie keine Religion oder gar ein Glaubensbekenntnis, religiöse Grundstimmung wird vielmehr Verbindungsglied, weil Voraussetzung für Kunst und Wissenschaft. Erste Anregungen dazu brachten die Aufführungen der Mysteriendramen in München, der beginnende Bau des Ersten Goetheanums und die Inaugurierung der Eurythmie noch vor dem I.Weltkrieg. Besonders ab 1919 wurden verschiedene Wissenschaftszweige wie Pädagogik, Medizin, Naturwissenschaften vertieft, keineswegs als Ersatz für Bestehendes, sondern als dessen Erweiterung. Heute werden viele Gebiete des geistigen Lebens von der Anthroposophie mitangeregt, verschiedene Ausbildungs-, Heil- und Beratungseinrichtungen¹ stehen in der Öffentlichkeit, Publikationen² berichten darüber. Die auch heute nur im Ansatz vorhandene soziale Kunst verstand Steiner als Überhöhung und Abrundung alles übrigen, als Voraussetzung für die Erneuerung des gesamten sozialen Lebens.
Im Rechtsleben regelt sich das politische Miteinander durch Abmachungen, Verträge und Vereinigungen; hierher gehört auch alles Staatliche und Zwischenstaatliche. Anthroposophie führt nun nicht zu Parteibildungen und damit zu Ausgrenzungen, sie kann jedoch vom Leben getragene Gedanken in den Meinungs- und Gruppenbildungsprozess einbringen, neue Rechtsformen anregen.
Im Wirtschaftsleben wird der Warenkreislauf durch Erzeugung, Handel und Verbrauch bewegt. Sowohl in der Erzeugung³ wurde und wird anthroposophisches Geistesgut fruchtbar, als auch im Handel⁴ und im Verbraucherverhalten. Neue Gedanken im Geldwesen, wie etwa bewusster Umgang mit Leihgeld im Unterschied zu Kauf- und Schenkgeld, beginnen vor allem in Europa zu wirken und haben sogar zu eigenen Bankgründungen⁵ geführt.
Die Pflege der Anthroposophie als solcher liegt vorwiegend in den Händen der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft mit Sitz in Dornach; ihre Untergruppen vertreten sie in der ganzen Welt. Darüberhinaus aber wird Anthroposophie von all den einzelnen Menschen belebt und durch die Welt getragen, die sie immer wieder neu in sich lebendig machen.
Anmerkungen (Verweise)
1 im deutschsprachigen Raum zum Beispiel
Erziehungsanstalten wie die Waldorfschulen (Rudolf Steiner-Schulen) oder
Forschungsplattformen wie ArteNova oder
Institute wie das Friedrich-von-Hardenberg-Institut für Kulturwissenschaften und das für anthroposophische Meditation oder
Kliniken wie die Filderklinik und Klinik Arlesheim mit
Patientenbewegungen wie anthrosana oder einfach
Beratungsangebote wie auf dem Forum Berufsbildung bis hin zur Familienmediation
2 vgl. Mbl-B.31 und im deutschsprachigen Raum zum Beispiel
Archive wie Rudolf Steiner Online und Dreigliederung oder
Blogs mit persönlichen Ansätzen wie Exteriority oder
Medienplattformen wie Anthromedia und Eurythmie oder
Zeitschriften wie »a tempo«, »aethera«, »Agora«, »das Goetheanum«, »die Drei«, »Erziehungskunst«, »Flensburger Hefte« (bis 2018), »Info3« und »Quinte«
3 zum Beispiel
Entwicklungszentren wie Forum3, L'Aubier und Quellhof oder
Heilmittel- und Kosmetikhersteller wie Wala und Weleda oder
Instrumentenbauer wie Choroi und Gärtner oder
Verlage wie Am Goetheanum, Freies Geistesleben, Mayer, Perseus, Rudolf Steiner und Urachhaus
4 im deutschsprachigen Raum zum Beispiel
der Demeter-Vertrieb
5 zum Beispiel
zuerst die GLS-Gemeinschaftsbank in Bochum/DE,
später Triodos in Zeist/NL und
die Freie Gemeinschaftsbank BCL in Basel/CH
Weiterführende Verweise werden zB. in »die Drei« angeboten oder auch als
Die unsere Bemühungen Fördernden.
siehe auch Stichwort-Register
Haftungserklärung für Verweise (Links)
im IMPRESSUM, das durch Klick auf den
WfGW-Schriftzug aufscheint.
https://wfgw.diemorgengab.at/WfGWmbl04.htm